18.06.2025rss_feed

Risiko Tierseuchen: Keine Kompromisse bei der Biosicherheit in schweinehaltenden Betrieben

Aufgrund der Tierseuchengefahr ist das Einhalten der Biosicherheit im Betrieb oberstes Gebot©ISN/Jaworr

Aufgrund der Tierseuchengefahr ist das Einhalten der Biosicherheit im Betrieb oberstes Gebot©ISN/Jaworr

Anhaltende Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP), insbesondere bei Wildschweinen in verschiedenen Bundesländern, und nicht zuletzt der jüngste ASP-Ausbruch bei einem Wildschwein im Sauerland führen die Gefahr eines Seucheneintrages in den Nutztierbestand mehr als deutlich vor Augen. Wichtigstes Gebot der Seuchenprävention ist es, die Biosicherheitsmaßnahmen im Betrieb zu überprüfen und konsequent einzuhalten.

 

Wie die einzelnen Maßnahmen zur Gewährleistung eines funktionierenden Biosicherheitskonzepts umzusetzen und welche Aspekte außerdem zu beachten sind, haben wir in den vergangenen Wochen mit unserer Reihe zum Thema Keine Kompromisse bei der Biosicherheit – Das müssen Schweinehalter beachten!​ ausführlich beleuchtet. Die wichtigsten Punkte haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst. Die komplette Inforeihe finden Sie im www.schweine.net.

 

Zutrittsbeschränkungen und Einfriedung

Ein zentrales Element der Biosicherheit ist die konsequente Zugangsbeschränkung zum Betriebsgelände. Es muss sichergestellt werden, dass weder betriebsfremde Personen noch Fahrzeuge oder Wildtiere unkontrolliert Zutritt erhalten. Dies gelingt durch die Einfriedung aller relevanten Funktionsbereiche wie Stallanlagen, Futtersilos oder Verladerampen. Die Zäune müssen bestimmten technischen Anforderungen entsprechen – etwa einer Mindesthöhe von 1,50 m, einer engen Maschenweite und Untergrabungssicherheit. Für Ställe mit Außenklima- oder Auslaufhaltung gelten zusätzlich verschärfte Vorschriften wie doppelte Umzäunung mit entsprechenden Mindestabständen.

 

Schwarz-Weiß-Trennung

Ein weiterer wesentlicher Bereich des Biosicherheitskonzepts ist die sogenannte Schwarz-Weiß-Trennung. Dabei wird der Betrieb in schwarze (unreine) und weiße (reine) Bereiche unterteilt, um eine Verschleppung von Krankheitserregern durch Personen oder Materialien zu verhindern. Zum Weißbereich zählen alle Betriebsbereiche mit direktem Tierkontakt, wie Stallungen, Futterlager oder Verladeeinrichtungen. Der Zugang ist nur in betriebseigener Schutzkleidung erlaubt, die ausschließlich für diese Bereiche vorgesehen ist. Der Schwarzbereich umfasst die Hofbereiche, Güllebehälter oder Kadaverlagerung. Nur wenn diese Trennung lückenlos umgesetzt wird, entfaltet sie ihren vollen Schutz.

 

Zugangsbeschränkungen zum Tierbereich

Ergänzend zur baulichen Trennung stellt die Hygieneschleuse ein zentrales Schutzinstrument dar. Sie dient als verbindende Übergangszone zwischen Schwarz- und Weißbereich und muss eine klare räumliche Trennung sowie Reinigungs-, Desinfektions- und Umkleidemöglichkeiten bieten. Der Zutritt zu den Stallbereichen darf ausschließlich über diese Schleuse erfolgen. Nur autorisierten Personen wie Betriebsangehörigen oder Tierärzten darf nach entsprechender Unterweisung der Zugang gewährt werden. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen sollten vom Tierbereich ferngehalten werden, da sie als Erregerüberträger fungieren können.

 

Lagerung verendeter Tiere

Tote Schweine müssen umgehend in einem abgeschlossenen, dichten und witterungsgeschützten Behältnis oder Raum gelagert werden. Der Zugang muss für Unbefugte und Wildtiere ausgeschlossen sein. Bei hohen Außentemperaturen empfiehlt sich eine Kühlung der Lagerstelle. Die Übergabepunkte für die Kadaverabholung sollten möglichst weit vom Stallbereich entfernt sein. Bei mehreren Betriebsstätten ist eine getrennte Lagerung verpflichtend.

 

Ordnungsgemäße Schädlingsbekämpfung

Schädlinge wie Fliegen, Ratten und Mäuse können Krankheitserreger verbreiten und die Tiergesundheit gefährden. Daher sind Tierhalter verpflichtet, geeignete Bekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. Dies umfasst Hygienemaßnahmen wie die geschlossene Futterlagerung, das Vermeiden von Schwimmschichten auf der Gülle, den Einsatz von UV-Köderlampen, Fallen oder Larvenbekämpfungsmitteln sowie der gezielte Einsatz von Ködern gegen Nagetiere.

 

Tierärztliche Bestandsbetreuung

Schweinehalter sind verpflichtet, ihre Bestände regelmäßig von einem spezialisierten Fachtierarzt untersuchen zu lassen – mindestens zweimal jährlich oder einmal pro Mastdurchgang. Ziel ist die kontinuierliche Bewertung und Sicherung der Tiergesundheit In Zuchtbetrieben bestehen weitergehende Dokumentationspflichten, beispielsweise zur Fruchtbarkeit oder den Wurfgrößen.

 

Abläufe im Betriebsalltag

Die Umsetzung aller Hygienemaßnahmen erfordert zudem eine konsequente Reinigung und Desinfektion im gesamten Betrieb – insbesondere zwischen Ausstallung und Wiederbelegung. Hierzu zählen die Säuberung der Ställe, Gerätschaften, Fahrzeuge sowie der Schutzkleidung. Eine getrennte Nutzung und farbliche Kennzeichnung von Betriebsmitteln hilft, Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Der Tierverkehr unterliegt ebenfalls strengen Regeln. In Zuchtbetrieben müssen neu eingestallte Tiere zudem eine dreiwöchige Quarantänezeit einhalten, um eine mögliche Einschleppung von Erregern zu verhindern.

 

Vorsichtsmaßnahmen für Jäger

Besondere Vorsicht gilt für Schweinehalter, die zur Jagd gehen. Nach einem Jagdausflug oder Kontakt mit Wildschweinen ist ein Stallzutritt erst nach gründlichem Duschen und vollständigem Kleidungswechsel erlaubt. Die Jagdausrüstung darf nicht in den Schweinebereich gelangen und ist getrennt aufzubewahren. Auch das Zerlegen von Wildschweinfleisch sollte nicht auf dem Betriebsgelände stattfinden oder nur unter strengen hygienischen Bedingungen in dafür geeigneten Räumen erfolgen.

 

Fazit

Die Gefahr durch die ASP ist real und existenzbedrohend. Jeder Schweinehalter ist gesetzlich verpflichtet, seine Tiere umfassend zu schützen. Wer Biosicherheitsmaßnahmen vernachlässigt, riskiert nicht nur den Seucheneintrag, sondern auch wirtschaftliche Verluste durch den Wegfall von Entschädigungsansprüchen. Eine regelmäßige Überprüfung und konsequente Umsetzung des gesamten Konzepts sind daher unabdingbar. Ein effektives Biosicherheitskonzept muss individuell auf die Betriebsstruktur abgestimmt sein. Es gibt kein universelles Standardmodell – vielmehr müssen sämtliche Maßnahmen wie Zahnräder ineinandergreifen. Fachliche Unterstützung durch Tierärzte oder Berater kann helfen, Schwachstellen zu erkennen und Lösungen zu entwickeln. Praxisorientierte Leitfäden und Checklisten leisten dabei wertvolle Unterstützung.

 

 

Hier gelangen Sie zu allen Teilen der Inforeihe Biosicherheit:


Inforeihe Biosicherheit Teil 1 - Zutrittsbeschränkungen und Einfriedung

Inforeihe Biosicherheit Teil 2 – Schwarz-Weiß-Trennung

Inforeihe Biosicherheit Teil 3 - Zugangsbeschränkungen zum Tierbereich

Inforeihe Biosicherheit Teil 4 - Aufbewahrung verendeter Tiere

Inforeihe Biosicherheit Teil 5 - Ordnungsgemäße Schädlingsbekämpfung

Inforeihe Biosicherheit Teil 6 – Tierärztliche Bestandsbetreuung

Inforeihe Biosicherheit Teil 7 – Abläufe im Betriebsalltag

Inforeihe Biosicherheit Teil 8 – Vorsichtsmaßnahmen für Jäger

Inforeihe Biosicherheit Teil 9 - Futtermittellieferungen

Inforeihe Biosicherheit Teil 10 - Betriebliche Umsetzung

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