27.07.2020rss_feed

Werkvertragsverbot: Schlachtunternehmen machen Tempo bei der Umsetzung

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat einen Entwurf zur Änderung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes vorgelegt - darüber will das Bundeskabinett am morgigen Mittwoch u.a. beraten

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat einen Entwurf zur Änderung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes vorgelegt - darüber will das Bundeskabinett am morgigen Mittwoch u.a. beraten

Ab 2021 soll in Schlachthöfen kein Fremdpersonal mehr über Werkverträge eingesetzt werden dürfen. Während Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) derzeit an der Umsetzung der geplanten Gesetzesänderung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes arbeitet, haben mehrere Unternehmen der Fleischwirtschaft bereits Umsetzungsstrategien verkündet, die den neuen Rahmenbedingungen entsprechen. Teilweise werden die verschiedenen Maßnahmen schon freiwillig vor Jahresende eingeleitet.

Gesetzesänderung durch Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat in der vergangenen Woche einen Entwurf zur Änderung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes vorgelegt, mit dem das vom Bundeskabinett am 20. Mai beschlossene Arbeitsschutzprogramm für die Fleischwirtschaft umgesetzt werden soll. Das Programm sieht vor, dass an Schlachthöfen Werkverträge und Arbeitnehmerüberlassungen in den Bereichen Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung ab 2021 verboten werden. Ausnahmen soll es nur für das Fleischerhandwerk geben.

 

Der Gesetzesentwurf

Laut Medienberichten geht der Gesetzesentwurf des Bundesarbeitsministers zur Verbesserung des Arbeitsschutzes in der Fleischwirtschaft weit über ein Werkvertragsverbot hinaus und macht weitreichende Vorgaben zur Struktur von Unternehmen und Konzernen. Unter anderem sehe der Entwurf schärfere Vorschriften und Mindeststandards für Gemeinschaftsunterkünfte von Beschäftigten sowie eine Mindestquote von jährlichen Vor-Ort-Kontrollen in den Betrieben vor. Zur Überwachung soll eine neue Bundesfachstelle »Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit« eingerichtet werden. Außerdem seien die Arbeitszeiten in den Betrieben zukünftig elektronisch zu überwachen, um Kontrollen zu erleichtern.

Das Bundeskabinett will am morgigen Mittwoch u.a. über dieses Gesetz beraten und beschließen.

 

Nach einem Bericht der Rheinischen Post haben CDU/CSU vor dem Kabinettsbeschluss zum Werkvertragsverbot in der Fleischindustrie noch Änderungsbedarf am Gesetzentwurf von Minister Hubertus Heil angemeldet. Ob das Kabinett den Gesetzentwurf wie geplant am Mittwoch beschließen wird, sei daher zur Zeit noch offen. Die Union kritisiere demnach eine Regelung im Gesetzentwurf, wonach ein Unternehmer in der Fleischbranche seinen Betrieb künftig nur noch im eigenen Namen führen könne. So heiße es im Gesetzentwurf, der der Zeitung vorliege: Ein Unternehmer muss einen Betrieb oder eine Organisation, in dem oder in der geschlachtet wird, Schlachtkörper zerlegt werden oder Fleisch verarbeitet wird, als alleiniger Inhaber führen. Die gemeinsame Führung eines Betriebes oder einer Organisation durch zwei oder mehrere Unternehmer ist unzulässig. Damit wolle das Arbeitsministerium verhindern, dass ein Unternehmer wie Clemens Tönnies seinen Betrieb in viele Einzelbetriebe zerlegt, um das Werkvertragsverbot zu umgehen, das für kleinere Schlachtbetriebe nicht gelten soll. Die Union wolle diese Lex Tönnies jedoch nicht mittragen, weil sie die unternehmerische Freiheit auch kleinerer und mittlerer Betriebe einschränken würde.

 

Schlachtunternehmen leiten bereits Prozesse ein

Ein Blick auf die Top Ten der deutschen Schlachtunternehmen zeigt, dass ein großer Teil der Unternehmen bereits reagiert hat und Zukunftsstrategien, die den neuen Rahmenbedingungen entsprechen, bekannt gegeben hat. Diese sollen teilweise schon freiwillig vor Ende des Jahres umgesetzt werden.

Die beiden Schlachtunternehmen Tönnies und Westfleisch haben bereits Handlungspläne für die Zukunft vorgestellt, mit denen sie mehr Verantwortung für Prozesse und Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft übernehmen wollen. Beide Firmen wollen unter anderem Werkverträge abschaffen, eine flächendeckende und digitale Zeiterfassung bei Werkvertragsmitarbeitern einführen sowie angemessenen Wohnraum für die Beschäftigten sicherstellen und Integrationsprogramme einleiten.

Auch Danish Crown, Willms und Vion haben sich zu einem freiwilligen Ausstieg aus Werkverträgen entschlossen.

Böseler Goldschmaus verzichtet bereits seit längerem auf Werkverträge und bietet allen entsprechenden Mitarbeitern eine Festanstellung im Unternehmen an.

Ähnlich sieht es auch bei anderen mittelständischen Unternehmen aus.

 

Die ISN meint:

Natürlich müssen in der Fleischwirtschaft Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz für alle Mitarbeiter gewährleistet sein. Dafür müssen die Schlachtunternehmen Verantwortung übernehmen.

Die Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes dürfen jedoch nicht über das Ziel hinausschießen und mit einer Verpflichtung zu einer sehr kurzfristigen Umsetzung verknüpft werden. Es ist wichtig, dass bei der Umsetzung der neuen Anforderungen ausreichend Zeit eingeräumt wird und die Kapazitäten für die Schlachtung und Zerlegung nicht darunter leiden. Sollte dies nicht beachtet werden, droht ein fataler Strukturbruch nicht nur in der Fleischwirtschaft, sondern auch in der gesamten Veredlungswirtschaft. Bereits jetzt ist am Schlachtschweinemarkt überdeutlich zu erkennen, welche Auswirkungen die fehlenden Schlacht- und Zerlegekapazitäten auf den gesamten Schweinebereich haben.


Bundeskabinett beschließt Verbot von Werkverträgen ab 2021

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