Kompromiss bei Tierhaltungskennzeichnung zu Lasten der Schweinehalter? – Wo ist das Gesamtkonzept?
Das Bundesumweltministerium und das Bundeslandwirtschaftsministerium verhandeln derzeit über Kompromisse u.a. beim Tierwohllabel. Beim aktuell diskutierten Entwurf soll das Umweltministerium Mitspracherechte bei den Kriterien eines Tierwohllabels erhalten.
ISN-Vorsitzender Dierkes: Tierwohllabel gehört nicht in den Kompetenzbereich des Umweltministeriums. Gesamtkonzept für nationale Nutztierstrategie notwendig.
Wie derzeit aus Berliner Kreisen zu vernehmen ist, laufen aktuell Abstimmungsgespräche zwischen dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und dem Bundesumweltministerium (BMU) zu möglichen Kompromissen bei den zahlreichen aktuellen Themen im Agrarbereich. Unter anderem wollen sich die beiden Ministerien beim Tierwohllabel wohl so einigen, dass zunächst ein freiwilliges Tierwohllabel eingeführt wird und die Bundesregierung im Gegenzug die Initiative für ein EU-weites verpflichtendes Kennzeichen ergreift. So weit so gut.
Im aktuell diskutierten Gesetzentwurf für das Tierwohllabel soll das BMEL die Ermächtigung erhalten, die näheren Details eines Tierwohllabels in einer Verordnung zu regeln, die ohne eine Zustimmung des Bundesrats verabschiedet werden kann. Bei dem möglichen Kompromiss scheint jedoch außerdem geplant zu sein, dass bei den Kriterien dann Einvernehmen mit dem Umweltministerium herrschen muss und dieses somit ein permanentes Veto-Recht hätte.
Der Gesetzentwurf könnte vom Bundeskabinett am 21.08.19 verabschiedet werden. Anschließend würde die Beratung und die Verabschiedung im Bundestag erfolgen.
ISN: Kompromissvorschlag ist schlechter Kuhhandel. Gesamtkonzept für nationale Nutztierstrategie notwendig
Die ISN lehnt den jetzt bekannt gewordenen Kuhhandel zwischen dem Landwirtschaftsministerium und dem Umweltministerium strikt ab und stimmt der Aussage von DBV-Präsident Rukwied voll zu! Dieser hatte gestern scharfe Kritik an diesem möglichen Kompromiss geübt: Was in dem Gesetzentwurf für das Tierwohllabel steht, kommt einem Offenbarungseid des Bundeslandwirtschaftsministeriums gleich. Das Bundeslandwirtschaftsministerium gibt originäre Kompetenzen an das Bundesumweltministerium ab. Wenn solche Bestimmungen nur noch im Einvernehmen mit dem Umweltministerium geschehen sollen, das keine Kernkompetenzen in Bereichen wie Tierernährung besitzt, dann habe ich große Zweifel am Erfolg des Tierwohllabels in der Praxis.
Dierkes: Vorschlag ist und bleibt unbrauchbares Stückwerk
Auch ISN-Vorsitzender Heinrich Dierkes kann angesichts der immer wieder aus Berlin neu erklingenden Hiobsbotschaften nur noch den Kopf schütteln: Ich weiß nicht, wie oft wir bei den zahlreichen Diskussionen in den vergangenen Monaten immer und immer wieder ein schlüssiges Gesamtkonzept eingefordert haben. Beim letzten Gespräch mit Frau Klöckner hatte ich den Eindruck, dass Sie verstanden hat, dass wir ein Paket brauchen bei der alle verschiedenen Aspekte rund um dieses Thema berücksichtigt werden – von A bis Z. Dass, was wir jetzt über den Kompromissvorschlag hören, belehrt mich eines Besseren. Es ist und bleibt für die Praxis unbrauchbares Stückwerk, dass überdies auch noch in jeder politischen Verhandlungsrunde permanent verschlechtert wird. Ein absolut ernüchterndes Armutszeugnis !
so Dierkes.
Entweder ist das Thema Sache des Agrarressorts oder es ist Chefsache im Bundeskanzleramt, wie von uns schon mehrfach gefordert. Ganz sicher gehört das Tierwohllabel jedoch nicht in den Kompetenzbereich des Umweltministeriums.
, ergänzt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Sollte dieser Kompromiss so beschlossen werden, sind weitere, nicht praxisgerechte Vorgaben aus dem Berliner Umweltministerium für die deutsche Schweinehaltung zu befürchten.