20.01.2017rss_feed

Staatliches Tierwohllabel: Bisher noch mehr Schein als Sein

Quelle: BMEL/Holger Groß und ISN

Quelle: BMEL/Holger Groß und ISN

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hat auf der grünen Woche in Berlin sein staatliches Tierwohllabel präsentiert. Während er die Optik des Labels konkret vorstellen konnte, waren die Informationen zum Inhalt und zur Ausgestaltung des Labels noch sehr dünn.

 

Ein freiwilliges Label

Freiwillig soll das Label laut Minister Schmidt sein und frühestens ab 2018 in die Ladentheken kommen. Das Label soll mit Schweinefleisch starten und dann auf den Geflügelfleischsektor erweitert werden. Für den Anfang sind eine Einstiegs- und eine Premiumstufe geplant – eine dritte Stufe wird ggf. in Abhängigkeit von der Nachfrage folgen. Die Produkte mit dem Tierwohllabel müssen bezahlbar sein, so der Minister. Klar sei aber auch, dass es Tierwohl nicht zum Nulltarif geben werde. Zur Unterstützung der Markteinführung – im Klartext für Werbung – hat das Ministerium bereits 70 Mio. € eingeplant, um so mit dem Label möglichst viele Verbraucherinnen und Verbraucher zu erreichen.

 

Und die Kriterien?

Wenig Aussagen traf Minister Schmidt zu den Kriterien, nannte lediglich Platz, Beschäftigungsmöglichkeit, Aufzuchtfragen und die Dauer der Tiertransporte. Der hinterlegte umfangreiche Kriterienkatalog solle möglichst bis Ostern ebenso weiter ausgearbeitet werden wie weitere Details zur Struktur des Labels.

Die ISN meint:

Bislang ist das staatliche Tierwohllabel noch mehr Schein als Sein. Die Optik steht, aber inhaltlich fehlen die wesentlichen Teile noch. Die Frage, wie, wann und mit wem das Label am wirkungsvollsten präsentiert werden konnte, war wohl erst einmal wichtiger als die eigentliche Substanz der Ergebnisse.

Labelprodukte sollen für den Verbraucher bezahlbar bleiben und eine breite Marktdurchdringung bekommen. Auf der anderen Seite sollen – aus Schweinehaltersicht müssen! – die Mehrkosten der Erzeugung, Logistik usw. durch den Markt ausgeglichen werden. Zudem müssen so einige Zielkonflikte (z.B. zwischen Tierwohl und Umwelt) aufgelöst werden, um Tierwohlmaßnahmen überhaupt umsetzen zu können. Es wäre auch verwunderlich, wenn ein derart weitreichendes Label im Schweinsgalopp umzusetzen wäre, während man für den Aufbau der wirtschaftsgetragenen Initiative Tierwohl zwei Jahre benötigt hat. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium steht also noch eine Mammutaufgabe bevor, Wunsch und Wirklichkeit auf einen Nenner zu bringen. Natürlich unterstützen wir gerne weiter die Lösungssuche, wenn es denn tatsächlich um praktikable Lösungen und nicht nur um politische Positionierung geht.


Hier finden Sie die Pressemitteilung des BMEL

Schmidts Grünbuch: EU-Direktzahlungen – Tierwohllabel – Verbraucherakzeptanz

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