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ISN: Jetzt gemeinsam die Weichen zu auskömmlichen Erlösen für deutsche Tierhalter stellen!

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Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) reagiert auf die ruinöse Situation und die Proteste der deutschen Landwirte. Klöckner trifft mit Ihrem Vorstoß zur Umsetzung der UTP-Richtlinien gegen unfaire Handelspraktiken den Nerv.
ISN: Wertschätzung und Wertschöpfung für die Bauern sind vollkommen aus dem Lot geraten – das muss sich wieder ändern. Sinkende Erzeugerpreise und steigende Verkaufspreise im Laden passen nicht zusammen. Bei den Schnellschüssen des LEH darf es nun allein nicht bleiben, jetzt müssen die Weichen durchdacht gestellt werden. Die Basis für auskömmliche Erlöse ist eine transparente Haltungs- und Herkunftskennzeichnung. Eine Kennzeichnung, die bis zur Geburt der Tiere reicht, und Nämlichkeitsboni würden hierbei auch die deutschen Ferkelerzeuger mit einbeziehen. Die landwirtschaftlichen Organisationen müssen zusammenstehen.


Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) reagiert auf die ruinöse Situation und die Proteste der deutschen Landwirte. Die Schwarz-Gruppe zahlt 50 Mio. € zusätzlich in den Topf der Initiative Tierwohl ein, erhöht seit heute die Preise für Eckprodukte beim Schweinefleisch und will die Mehrerlöse zu 100 % an die heimischen Schweinehalter weitergeben. Und Aldi (Nord und Süd) bekennen sich zur Einhaltung fairer Handelspraktiken und wollen nach eigener Darstellung höhere Standards mit einer angemessenen Bezahlung verknüpfen. Die Vollsortimenter Edeka und Rewe verhalten sich noch auffällig ruhig. Welche Reaktion kommt gerade von dem Einzelhändler, der sagt: Wir Lieben Lebensmittel? Wenn es um Preis und Marge geht, scheint die Liebe schnell am Ende. Das wäre nicht das erst Mal.

 

Klöckner hat einen Nerv getroffen

Dass sich nun etwas bewegt, ist ganz bestimmt ein Erfolg der Proteste und Blockaden durch die Landwirte. Einen gewichtigen Anteil daran hat aber auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, denn sie hat mit ihrem Vorstoß zur Umsetzung der sogenannten UTP-Richtlinie – einer EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken – einen Nerv getroffen. Und dass sich die Lebensmittelhändler darüber in einem gemeinsamen Beschwerdebrief bei Bundeskanzlerin Angela Merkel beschwerten, war ein klassisches Eigentor – Hochmut kommt eben vor dem Fall. Denn letztlich hat genau dieser Beschwerdebrief richtigerweise eine Lawine an Protesten und Blockaden ausgelöst - mit den bekannten Folgen. Es geht um Wertschätzung und Wertschöpfung. Gemeint ist die Wertschätzung für die hochwertigen Produkte, die sich in auskömmlichen Preis widerspiegeln muss und Wertschöpfung, die auch bei den Landwirten ankommen muss. Es passt einfach nicht, dass die Erzeugerpreise dramatisch fallen und gleichzeitig die Verkaufspreise im Laden steigen.

 

Mehr durchdachte Weichenstellungen statt Schnellschüsse

Wenn die Lebensmitteleinzelhändler sich nun endlich stärker zur heimischen Tierhaltung bekennen, dann ist das richtig und gut – aber es ist alles andere als freiwillig. Wichtig ist es nun, dass sich das auch längerfristig in höheren Erlösen für die finanziell arg strapazierten Tierhalter bemerkbar macht. Viele offene Fragen bestehen. Denn Geld in Aussicht zu stellen ist das Eine, wie das Geld an die Landwirte weitergegeben werden soll, das Andere. Hier müssen Ferkelerzeuger genauso profitieren wie Schweinemäster, aber auch Rindermäster und Milchviehhalter. Entscheidend ist jetzt auch, dass es nicht bei einzelnen Schnellschüssen bleibt, sonst handelt es sich tatsächlich um Nebelkerzen, welche die Lebensmittelhändler mit dem Ziel der eigenen Imageverbesserung gezündet haben. Vielmehr ist es nun wichtig, dass durchdacht, flächendeckend und vor allen Dingen dauerhaft im Sinne jener Fairness gehandelt wird. Das erfordert einen moderierten Prozess. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat sich als Moderatorin angeboten. Ein gutes und folgerichtiges Angebot, dass man schnell annehmen sollte. Die Diskussionen müssen koordiniert zusammengeführt werden, sonst wird die Debatte schnell zerfasern – zu Ungunsten der Bauern! Schon jetzt kann man ja sehen, dass taktische Verhandlungsspielchen anlaufen. Wer redet mit wem und wer ärgert sich wiederum darüber. Das ist in der Sache ganz klar kontraproduktiv! kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.

 

Mit Herkunftskennzeichnung und Nämlichkeitsboni

Der Weg über höhere Produktpreise ist genau der richtige. Zudem baucht es neben der Haltungskennzeichnung auch eine eindeutige und vollumfassend transparente Herkunftskennzeichnung. Die Verbraucher können sich mit dem Kauf der Produkte nur dann zur heimischen Landwirtschaft bekennen, wenn auch auf den tierischen Produkten erkennbar ist, wo die Tiere geboren und erzeugt wurden, erläutert Staack´Und wie eine Herkunftskennzeichnung muss die Haltungskennzeichnung auch das ganze Leben eines Tieres erfassen – also von Geburt bzw. der Stufe der Ferkelerzeugung an. Es kann also nicht sein, dass für den LEH das Leben eines Schweines ab der Mast, also quasi erst mit 30 kg, anfängt. Klarheit muss auch darüber herrschen, welche Bedingungen der LEH an zusätzliche Erlöse für die Landwirte knüpft. Nicht nur Aldi will die angemessene Bezahlung an höhere Standards knüpfen. Auch dass die Schwarz-Gruppe ihre 50 Mio. € über die Initiative Tierwohl an die Landwirte, auszahlen will zeigt, man will die Betriebe mit höheren Tierwohlstandard vorrangig unterstützen. Jetzt sind gute Konzepte gefragt, um die richtigen Impulse zu setzen und um schnell diejenigen Betriebe zu erreichen, die durch die aktuelle Situation besonders betroffen sind. So ist beispielsweis ein sogenannter ‚Nämlichkeitsbonus‘ im Rahmen der Initiative Tierwohl sinnvoll – also ein Bonus, der den Betrieben gezahlt wird, wenn die Schweine durchgängig von der Geburt bis zur Schlachtung in Betrieben gehalten werden, die an der Initiative Tierwohl teilnehmen. Ein solcher Bonus würde diese Tierwohlbetriebe unterstützen und weitere zur Teilnahme bewegen – er wäre aber besonders auch ein klares Bekenntnis zur deutschen Ferkelerzeugung.

 

Landwirtschaft muss an einem Strang ziehen

Staack fordert die Landwirtschaft auf, an einem Strang zu ziehen: Die landwirtschaftlichen Organisationen dürfen es jetzt nicht zulassen, dass von Seiten des LEH ein Keil zwischen die eigenen Reihen getrieben wird. Es ist nicht abwegig, dass genau dies ein Ziel einzelner Händler ist. Warum zahlt man beispielsweise in einen Topf ein, den u.a. Rinderhalter nicht erreichen können. Einen Verteilungskampf zwischen den Betrieben mit unterschiedlichen Betriebszweigen dürfen wir ebenso wenig zulassen, wie Kompetenzgerangel zwischen Organisationen, welche die Interessen der Landwirte vertreten. Da wird mit Sicherheit der eine oder andere über seinen Schatten springen müssen, aber ob nun Erfolge mehr von LSV, dem DBV oder anderen Organisationen verbucht werden können, ist doch zweitrangig. Am Ende geht es doch darum, für die hiesige Landwirten eine verlässliche und auskömmliche Perspektive zu schaffen. Und das geht am erfolgreichsten gemeinsam.


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