27.08.2025rss_feed

Abferkelstall der Zukunft: Bewegungsfreiheit, Nestbaumöglichkeit & steigender Platzbedarf

Header Reihe Umbau Sauenhaltung Teil 3

Gemäß den Vorgaben der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung müssen bis 2036 alle Abferkelställe umfassend umgebaut sein. Die neuen Vorgaben im Abferkelbereich bringen einen erhöhten Platzbedarf, kurze Fixierungszeiten und technische Herausforderungen. Eine frühzeitige Planung ist entscheidend – auch wenn die Frist noch fern scheint.

 

Knackpunkt Abferkelstall

Die jüngste Umfrage der ISN zeigt: Besonders der Abferkelbereich stellt einen zentralen Knackpunkt für die Sauenhalter dar. Doch welche konkreten Haltungsbedingungen gelten zukünftig im Abferkelstall? In diesem Beitrag der Serie zum Umbau der Sauenhaltung möchten wir die neuen Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung im Detail vorstellen.

 

Klare Zeitvorgaben: Was bis wann erledigt sein muss

Die neuen Anforderungen für den Abferkelbereich müssen bis spätestens 9. Februar 2036 umgesetzt werden. Bereits drei Jahre vorher, bis zum 09. Februar 2033 muss ein entsprechendes Betriebs- bzw. Umbaukonzept sowie ein Bauantrag bei der zuständigen Behörde eingereicht werden.

 

Mehr Bewegungsfreiheit für die Sau

Die gravierendste Änderung betrifft die Ausgestaltung der Abferkelbucht. Während Sauen bislang meist während der gesamten Säugephase im Ferkelschutzkorb fixiert werden – um das Risiko von Erdrückungsverlusten zu reduzieren –, ist dies zukünftig nicht mehr zulässig. Ab 2036 darf eine Fixierung nur noch rund um die Geburt und für maximal fünf Tage erfolgen. Danach muss der Sau uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb der Abferkelbucht gewährt werden. Ziel des kurzen Fixierungszeitraums ist es, der Sau mehr Bewegungsfreiheit zu geben. Die kurzfristige Möglichkeit der Fixierung soll gleichzeitig die Gefahr von Erdrückungsverlusten der Saugferkel, die besonders in den ersten Lebenstagen hoch ist, vermindern. Das Resultat daraus ist eine grundlegende Umstrukturierung der Abferkelbucht hin zu Bewegungsbuchten oder dem freien Abferkeln. Zudem gibt die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung hierbei eine Bodenfläche von mindestens sechseinhalb Quadratmetern vor. Damit benötigen die neuen Abferkelbuchten deutlich mehr Platz als die ursprünglichen Varianten.

 

2 m Bewegungskreis?

Damit der Sau ausreichend Bewegungsmöglichkeit gewährt werden kann, muss ihr ein ungehindertes Umdrehen ermöglicht werden. Entsprechend der Ausführungshinweise zur Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gilt ein ungehindertes Umdrehen dann als möglich, wenn innerhalb der frei zugänglichen Fläche ein Kreis mit einem Durchmesser von mindestens ihrer Körperlänge Platz findet. Abweisbügel stellen hierbei in der Regel keine Einschränkung dar.

Der in diesem Kontext häufig genannte Bewegungskreis mit einem Durchmesser von zwei Metern ist dabei nicht gesetzlich festgeschrieben. Die Ausführungshinweise verweisen jedoch explizit auf die Körperlänge der Sau: Es gilt die durchschnittliche Körperlänge einer ausgewachsenen Sau einer üblichen Genetik von 193 cm zu berücksichtigen. Daher orientieren sich einige Stalleinrichter häufig an einem Bewegungskreis mit einem Durchmesser von zwei Metern.

Erste Erfahrungen zeigen bereits, dass diese Bewegungsfläche mehr Platz benötigt und häufig nicht funktional in das vorgeschriebene Buchtenmaß von 6,5 m² integriert werden kann.


Vorgaben für den Kastenstand: Im geschlossenen Zustand muss dieser eine Länge von mindestens 220 cm aufweisen ©ISN

Vorgaben für den Kastenstand: Im geschlossenen Zustand muss dieser eine Länge von mindestens 220 cm aufweisen ©ISN

Bodengestaltung – Was gilt zukünftig?

Ist die Sau während der ersten fünf Tage um die Geburt herum im einzeln Ferkelschutzkorb fixiert, so bestehen detaillierte Anforderungen, wie dieser gestaltet sein muss:

  • Der Kastenstand muss im geschlossenen Zustand eine Länge von mindestens 220 cm aufweisen.
  • Wichtig: Die uneingeschränkt nutzbare Bodenfläche beginnt ab der Buchtenseitigen Trogkante – auch bei einem hochgelegten Trog.
  • Den Sauen muss ein ungehindertes Liegen, Aufstehen, Abliegen und eine natürliche Körperhaltung ermöglicht werden.

 

Außerdem bestehen konkrete Anforderungen an die Bodengestaltung, damit dieser den Vorgaben eines Liegebereichs erfüllt:

  • Der Liegebereich im Kastenstand darf über eine Länge von mindestens 127 cm einen Perforationsanteil von maximal 7 % aufweisen
  • Ausgenommen sind die ersten 20 cm hinter dem Trog sowie das hintere Drittel im geschlossenen Schutzkorb, damit Restfutter und Kot durchgetreten werden oder abfließen können

 

Platz für alle: Neue Vorgaben für das Ferkelnest

Nicht nur die Liegefläche der Sau im geschlossenen Ferkelschutzkorb wird in der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung genauer definiert. Auch für den Liegebereich der Saugferkel gelten künftig verbindliche Anforderungen.

Das Ferkelnest muss so beschaffen sein, dass alle Ferkel dort gleichzeitig und ungestört liegen bzw. Ruhen können – mindestens in Halbseitenlage. Und auch zum Ende der Säugezeit muss der das Ferkelnest so groß sein, dass es allen Ferkeln genügend Platz bietet. Zur richtigen Planung des Ferkelnests stellen Ausführungshinweise eine Formel zur Verfügung, mit der die Mindestgröße des Ferkelnests anhand der durchschnittlichen Wurfgröße und des durchschnittlichen Absetzgewichts berechnet werden kann:

0,033 x durchschnittliches Absetzgewicht 0,66 x durchschnittliche Wurfgröße

Als Grundlage dienen die betriebsindividuellen Leistungskennzahlen. Eine Wurfgröße von weniger als 12 Ferkeln wird dabei als nicht realistisch angesehen, sofern diese nicht tatsächlich nachgewiesen werden kann. Setzt man seine durchschnittlichen Leistungsdaten von beispielsweise 13 abgesetzten Ferkeln bei einem Absetzgewicht von 7,5 kg in die genannte Formel ein, so muss das Ferkelnest mindestens 1,62 m² groß sein – ein erheblicher Platzbedarf. Denn: Je nach Auslegung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung und deren Ausführungshinweise muss das Ferkelnest außerhalb des Aktionsbereichs der Sau liegen, damit ein ungestörtes Ruhen gewährleistet werden kann.

 

Neben der Mindestgröße wird auch die weitere Beschaffenheit des Ferkelnests genauer definiert:

  • Die Liegefläche der Ferkel darf nicht perforiert sei
  • Die Bodenfläche des Ferkelnests muss wärmegedämmt und beheizbar sein oder mit geeigneter Einstreu versehen werden.
  • Eine Aufteilung der Fläche in einen aktiv beheizten und einen nicht beheizten Teil ist möglich, sofern die gesamte Fläche planbefestigt und wärmegedämmt ist.

 

Die Vorgaben an das Ferkelnest müssen über die gesamte Säugephase von 28 Tagen gewährleistet werden. Wird über die 28 Tage hinaus gesäugt, darf die zusätzliche Liegefläche perforiert sein.

Zum Schutz der Ferkel vor Erdrückung sind Abweisbügel oder Abliegebretter insbesondere in Bewegungsbuchten empfehlenswert.


Nestbauverhalten gewährleisten: Spätestens ab dem 112. Trächtigkeitstag bis zum Ende des Geburtsvorgangs muss den Sauen ein geeignetes Material wie beispielsweise Stroh angeboten werden ©ISN/Jaworr

Nestbauverhalten gewährleisten: Spätestens ab dem 112. Trächtigkeitstag bis zum Ende des Geburtsvorgangs muss den Sauen ein geeignetes Material wie beispielsweise Stroh angeboten werden ©ISN/Jaworr

Stroh & Co. fördern Nestbauverhalten – Einsatz im Güllesystem vorsehen

Bereits seit August 2021 muss eine weitere Vorgabe erfüllt werden: Die Sauen sollen vor dem Abferkeln ihren natürlichen Nestbautrieb ausleben können. Hierfür muss den Sauen spätestens ab dem 112. Trächtigkeitstag bis zum Ende des Geburtsvorgangs ein geeignetes Material wie beispielsweise Stroh angeboten werden. Das Material muss den Sauen ständig und in ausreichender Menge zur Verfügung stehen und von der Beschaffenheit her die Möglichkeit bieten, dass die Sauen das Nestbaumaterial ins Maul nehmen und umhertragen können. Auch bei einem geschlossenen Ferkelschutzkorb um den geburtsnahen Zeitraum muss eine sichere Erreichbarkeit des Nestbaumaterials sichergestellt werden.

Problematisch ist der Einsatz von organischen Materialien häufig in Altgebäuden mit Güllekellern, da die vorhandene Technik nicht auf organisches Material ausgelegt ist. In solchen Fällen werden oft Jutesäcke als Nestbaumaterial eingesetzt. Laut gesetzlichen Vorgaben ist jedoch sicherzustellen, dass bei einem Neu- oder Umbau der Haltungsbedingungen die Bodengestaltung und die Gülletechnik einen Einsatz von zum Beispiel Stroh problemlos zulassen.

 

Fazit: Flächen, Technik, Management – der Abferkelstall im Wandel

Mit der Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung kommen besonders im Abferkelbereich erhebliche Herausforderungen auf die Sauenhalter zu. Bereits jetzt ist absehbar: Die vorgeschriebenen 6,5 m² Buchtenfläche reichen meist nicht aus, um sowohl den Bewegungsraum der Sau als auch das Ferkelnest sinnvoll unterzubringen. Vor allem in bestehenden Stallstrukturen gewachsener Betriebe lassen sich größere Buchten oft nur schwer integrieren. Müssen zusätzlich noch Entmistungssysteme angepasst werden, steigen die Investitionskosten weiter. Auch das Management und Handling in Bewegungsbuchten stellt neue Anforderungen an den Betriebsalltag.

Daher empfiehlt es sich – trotz langer Frist bis 2036 – schon jetzt mit der Planung zu beginnen. Denn: Das Umbaukonzept muss bereits bis Februar 2033 bei der zuständigen Behörde eingereicht werden.

Wichtige Fragen dabei sind:

  • Können bestehende Gebäude umgenutzt werden?
  • Ist eine Erweiterung oder ein Neubau sinnvoll?
  • Welcher Buchtentyp passt zum Betrieb?

 

Nutzen Sie die verbleibende Zeit, um verschiedene Lösungen zu prüfen. Der Austausch mit Berufskollegen, Bauberatern und Stalleinrichtern sowie der Besuch von Baulehrschauen kann dabei wertvolle Impulse liefern.


Hier finden Sie die ersten beide Teile dieser Info-Reihe zum Umbau der Sauenahaltung


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