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Sondersteuer statt höherer Verbraucherpreise?

Am vergangenen Wochenende ist erneut eine Diskussion über die

Finanzierung von mehr Tierwohl in der Tierhaltung aufgeflammt.

Auslöser war ein Interview mit der niedersächsischen

Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast in der Neuen

Osnabrücker Zeitung (NOZ). In dem Interview hatte sich die Ministerin

für eine neu einzuführende Sondersteuer ausgesprochen, mit der dann

die deutlich über die gesetzlichen Standards hinausgehenden

Tierwohlmaßnahmen bezahlt werden könnten. Eine Anhebung der

Mehrwertsteuer mache dagegen keinen Sinn, so Otte-Kinast. „Bei der

Mehrwertsteuer lässt sich nicht festschreiben, wohin die

Mehreinnahmen fließen sollen. Das Geld muss aber beim Bauern

ankommen.“ Ministerin Otte-Kinast setzt wenig Hoffnung in den

Verbraucher. „An der Ladenkasse, das wissen wir, wird es freiwillig

nicht bezahlt. Da brauchen wir gar nicht draufzusetzen,“ wird sie in der

NOZ zitiert. Sie rechne dem Tierwohllabel der Bundesregierung

deswegen auch keine Chancen aus, heißt es in dem Interview weiter.

Klöckner hält dagegen

In einer Reaktion auf die Aussagen Ihrer niedersächsischen Minister-

Kollegin ließ Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner

verlautbaren: „Die Debatte verdeutlicht die steigende Sensibilität dafür,

dass es bessere Bedingungen für Nutztiere nicht zum Nulltarif gibt, sie

mehr Geld kosten. Dieses muss aber nicht automatisch aus

zusätzlichen Steuern oder Steuererhöhungen kommen.“ Sie sprach

von einem Mix aus staatlichen Förderinstrumenten und

Verbraucherbeteiligung. Ministerin Klöckner setzt hier auf die freiwillige

staatliche Tierwohlkennzeichnung und verweist hier einmal mehr auf

das gute Beispiel Dänemark, wo das dortige Siegel 20 % ausmache.

(Anmerkung der ISN: Bezogen auf die Erzeugung in Dänemark

machen die „Siegel-Schweine“ vielleicht 1 bis 2 % aus. Jüngst wurde

darüber berichtet, dass selbst bei diesem geringen Anteil

Absatzschwierigkeiten

bestanden).

Die

Bundeslandwirtschaftsministerin ergänzt, dass sie Stallumbauten zu

mehr Tierwohl erheblich vereinfachen und auch finanzieren möchte

und verweist auf das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, was aktuell

an Lösungen arbeite.

FDP: Vorschläge unrealistisch

Die FDP in Hannover hält die Gedanken der niedersächsischen

Agrarministerin für unrealistisch, so erklärte der stellvertretende

Vorsitzende der FDP-Fraktion im Landtag Niedersachsen, Jörg Bode:

„Wer glaubt, dass eine neue Fleischsteuer für mehr Tierschutz bei den

Bauern ankommt, der glaubt auch an einen vegetarischen

Schlachthof.“ Steuern seien nicht zweckgebunden und gingen

vollständig zum Finanzminister. Bode ist der Meinung, dass neue

Steuern nicht zur Verbesserung des Tierwohls beitragen können. „Wir

brauchen keine neue Steuer, sondern eine Weiterentwicklung des

Tierwohllabels, klare Ziele und Vorgaben für die Zukunft der

Tierhaltung in Europa und den Abbau von Bürokratie in Deutschland,

die Investitionen in Tierwohl verzögert oder gar verhindert,“ so Bode.

ISN meint:

Es ist gut, dass es inzwischen eine breite Zustimmung

dafür gibt, dass mehr Tierwohl nur mit erheblichen

höheren finanziellen Mitteln für die Schweinehalter

geben kann. Es geht also nicht mehr um die Frage, ob

mehr Tierwohl mit erheblichen Mitteln finanziert werden

soll, sondern um die Frage, wie man es anstellt, damit

am Ende das Geld verlässlich und planbar bei den

Schweinehaltern abkommt. Hierbei handelt es sich

nicht um Millionen, sondern um Milliarden Euro je Jahr.

Es ist also klar, dass eine Erhöhung der

Erzeugungskosten für Schweine in Deutschland ohne

Gegenfinanzierung dazu führen wird, dass das Fleisch

zukünftig billig aus anderen Teilen der Erde zugekauft

werden wird. Wenn der Verbraucher die Mehrkosten an

der Ladentheke nicht freiwillig bezahlt, dann braucht es

eben auch andere Finanzierungswege, kommentiert

der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes u.a. im NDR-

Radio die Aussagen aus Hannover und Berlin. Damit

appellierte er gleichzeitig gegen Denkverbote, um in

dieser Frage zur Lösung zu kommen. Eine pauschale

Ablehnung

einzelner

Wege

aufgrund

von

Begrifflichkeiten und mit Totschlagargumenten sei

wenig zielführend.

Ein freiwilliges Tierwohllabel reiche nicht aus, so

Dierkes

gegenüber

dem

NDR,

um

das

Finanzierungsproblem zu lösen, weil dadurch das

Kaufverhalten an der Ladentheke nicht grundsätzlich

verändert werde. Gleichzeitig, auch das stellte Dierkes

im NDR-Interview klar, müsse unabhängig von der

Finanzierungsfrage aber auch der Weg dafür geebnet

werden, dass Veränderungen in der Schweinehaltung

zu mehr Tierwohl überhaupt genehmigungsrechtlich

möglich seien. Auch diese Erkenntnis treffe inzwischen

erfreulicherweise auf breite Zustimmung.