vzbv-Verbraucherumfrage: "Tierschutz darf etwas kosten, wenn…
…die Haltungsbedingungen für die Tiere wirklich besser sind
Unter dieser Voraussetzung sind rund zwei Drittel der Verbraucher und Verbraucherinnen bereit für Tierschutz mehr zu zahlen. Konkret schwankt die Mehrzahlungsbereitschaft laut einer aktuellen Studie, die im Auftrag der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) erstellt wurde, zwischen 36 bis 58%
Unter dem Titel Wie wichtig ist Verbrauchern das Thema Tierschutz? wurden die Ergebnisse der Umfrage im Rahmen der Grünen Woche in Berlin vorgestellt. Im Oktober und November 2015 wurden dafür über 1.000 Verbraucher online befragt.
Spiller: Politik- und Marktversagen
Für ein 500 g Schnitzel mit Tierwohlvorteil würden die Befragten im Durchschnitt demnach 39 Prozent mehr als für herkömmlich erzeugtes Schnitzel ausgeben (4,15 € statt 2,99 €). Beim Kauf einer kleineren Menge von 250 Gramm Schnitzel unter den gleichen Bedingungen würden sie im Durchschnitt sogar 58 Prozent mehr zahlen (=2,35 € statt 1,49 €) (s. Grafik).
Dass dieses Potenzial nicht abgeschöpft wird, zeigt ein klares Politik- und Marktversagen, kommentierte Prof. Dr. Achim Spiller von der Universität Göttingen kürzlich gegenüber der Presse.
Das Problem sei die geringe Warenverfügbarkeit von Produkten aus artgerechter Tierhaltung im Supermarkt, stellen die Studienmacher fest. Zwischen Bio und Billig fehle ein großes Marktsegment. Daher sei die ermittelte Preisbereitschaft auch mit Vorsicht zu genießen, da die Transparenz im Angebot in der Ladentheke fehle. Die Ergebnisse zeigen daher (nur) das Marktpotenzial.
Verbraucher möchten mehr Informationen
84 Prozent der Verbraucher wünschen sich mehr Informationen über die Tierhaltung beim Einkauf von Fleisch und Wurst. Demnach könnten laut Umfrage die Gründe für die tatsächlich geringe Nachfrage nach Produkten aus tiergerechter Haltung eine fehlende Information und Orientierung sein. Das sei ein deutliches Indiz, dass Verbraucher nur dann mehr Geld ausgeben, wenn die Verbesserung in der Haltung glaubwürdiger Informationen nachvollziehen können.
Sonderangebote des LEH bei Fleisch - noch zeitgemäß?
Die Studie hinterfragt auch die aktuelle Taktik vieler Lebensmitteleinzelhändler, Fleisch als Frequenzbringer einzusetzen und mit günstigen Preisen im Rahmen einer Mischkalkulation zu werben. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich, dass lediglich 28 Prozent der Fleischeinkäufer Sonderangebotsaffin sind. 32 Prozent sind qualitätsorientierte Kunden, die das Geschäft nicht aufgrund Aktionspreisen anderer Händler wechseln würden.
Initiative Tierwohl ist den Verbrauchern nahezu unbekannt
Auch die Brancheninitiative Tierwohl wurde in der Befragung thematisiert. Nach neutraler Vorabinformation wird sie im Grundsatz von den meisten Verbrauchern befürwortet. Rund 77 Prozent fordern gar, dass der Handel mehr bezahlt. Kritisch stehen die Verbraucher allerdings einer Werbung ohne Nämlichkeit der Waren gegenüber. Rund 83 Prozent der Verbraucher wollen am Produkt nachvollziehen können, ob das Fleisch aus verbesserter Tierhaltung stammt.
Die ISN meint:
Landauf, landab - Es gibt mittlerweile allerhand Umfrage und Analysen zur Preisbereitschaft der Verbraucher beim Kauf von Fleisch. Die angegebenen Mehrpreisbereitschaften stimmen jedoch nur selten mit den tatsächlichen Kaufentscheidungen überein.
Woran liegt das? Fehlen tatsächlich einfach nur die Produkte zwischen Bio- und Discounterware?
Wie schwer es ist, etwas in dieser Art am Markt zu positionieren, zeigt das Label Für mehr Tierschutz" des Deutschen Tierschutzbundes, das bisher keine hohe Marktdurchdringung und laut Studie auch nur einen extrem niedrigen Bekanntheitsgrad von 2% hat. Bis tatsächlich mehr Geld für Tierwohl in der Schweinehaltung über die Ladentheke geht, sind noch dicke Bretter zu bohren, das steht fest.