16.10.2014rss_feed

Von friedlichen Kühen, dem Hühnerbaron und einem Perspektivwechsel – Ein Gastkommentar von Georg Rosenbaum, Blogger

Georg Rosenbaum

Georg Rosenbaum

Wenn in der Erntezeit die gewaltigen Traktoren mit den großen Anhängern voll Mais durch unsere Dörfer fahren denke ich an alte Zeiten zurück, als die Landwirtschaft noch beschaulich war.

 

In den 60er und 70er Jahren verbrachte ich meine Ferien oft auf dem kleinen Hof meiner Tante Maria in Ambergen. Im Haus roch es nach Landwirtschaft, auf den Weiden grasten friedlich ein paar Kühe oder auch ein Schwein, auf welchen wir manchmal zu reiten versuchten. Die Trecker waren im Vergleich zu den heutigen Zeiten vergleichsweise klein. Dennoch war es für uns aufregend, wenn wir mit dem Bauern mitfahren durften, wenn er seinen Acker pflügte. Landwirtschaft wirkte damals auf mich wie ein Abenteuerspielplatz.

Erst später bekam das Bild ein paar kleine Risse, als ich in den Ferien bei den Verwandten in Bakum war. Ich sah, wie Schweine auf den Wagen verladen wurden, um geschlachtet zu werden. Auch bei der benachbarten Schlachterei hörte ich quiekende Schweine, die auf ihr zeitliches Ende warteten. Ich begriff, dass Nutztiere nun einmal keine Haustiere sind.

In den 80er und 90er Jahren verfolgte ich als Oldenburger Stadtjunge die immer stärker werdende Kritik an der Praxis in der Landwirtschaft. Exemlparisch war der Skandal um den Hühnerbaron Anton Pohlmann, dem größten Eierlieferanten Europas. Waren Landwirte herzlose Menschen, die ihre Tiere unter unmenschlichen Bedingungen hielten, um den größten Profit aus ihnen zu schlagen? Die ihre Äcker auf Kosten der Umwelt verpesten? Die Medien zeichneten schon damals ein solches Bild von dieser Berufssparte, welche bis heute bei vielen Menschen in der Kritik steht.

Damals waren unsere Verwandten in Südoldenburg nicht darüber erfreut, wenn meine Geschwister und ich ihnen Fragen zu diesem Thema stellten.Erst als ich selber nach Südoldenburg zog, begann ich die Landwirtschaft aus einer anderen Prespektive zu betrachten. Ich lernte Landwirte persönlich kennen. Menschen, die mit harter Arbeit sich bemühen, ihre Familie zu ernähren. Einige unter ihnen zähle ich mittlerweile zu meinen Freunden. Sie erzählen mir von dem immensen wirtschaftlichen Druck und dem Risiko, welches Landwirte wie andere Unternehmer auf sich nehmen müssen. Im Grunde sind Landwirte Menschen wie alle anderen. Sie wollen in ihrem Beruf möglichst erfolgreich sein. Das Menschliche darf bei aller Kritik an der Landwirtschaft nicht außer acht gelassen werden.

 

Der Kommentar erschien als Kolumne in der Oldenburgischen Volkszeitung vom 10.10.2014


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