14.03.2024rss_feed

Verschärfte Industrieemissionsrichtlinie passiert das Europaparlament – ISN: Besonders Familienbetriebe betroffen

Wird die Novelle so durchgesetzt, würde dies insbesondere für Familienbetriebe mit kleineren und mittleren Schweinebeständen das Aus bedeuten (Bild © ISN, Canva)

Wird die Novelle so durchgesetzt, würde dies insbesondere für Familienbetriebe mit kleineren und mittleren Schweinebeständen das Aus bedeuten (Bild © ISN, Canva)

Die Novelle der Industrieemissionsrichtlinie hat die Ziellinie fast erreicht. Das Europaparlament stimmte dem Ergebnis der Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten zu. Anträge auf Zurückweisung sowie der Versuch, noch Änderungen an dem Kompromiss vorzunehmen, fanden keine Mehrheit, berichtet Agra Europe.

ISN: Von den geplanten Verschärfungen wären insbesondere kleinere und mittelgroße Schweinebestände betroffen, weil die Grenzen, ab denen die IED-Vorgaben greifen, massiv abgesenkt werden sollen. Statt aller gegenteiliger Bekundungen aus der Politik wird das Ordnungsrecht weiter hochgedreht. Noch ist es Zeit, die EU-Emissionsrichtlinie im Rat der EU zu stoppen.

 

Die Novelle der Industrieemissionsrichtlinie (IED) steht kurz vor dem Gesetzgebungsabschluss. Das Europaparlament billigte am Dienstag (12.3.) das Ergebnis der Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten. Hinter den Kompromiss stellten sich 393 Abgeordnete, 173 stimmten dagegen und 40 enthielten sich. Nun muss noch der Rat der Europäischen Union zustimmen – sollte dies der Fall sein, werden die neuen Regelungen im Amtsblatt veröffentlicht und treten 20 Tage später in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben danach 22 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

 

Antrag auf Anpassung fand keine Mehrheit

Keine Mehrheit erhielt der Antrag, die IED-Novelle zurückzuweisen. Auch der Versuch, das Trilog-Ergebnis nochmals aufzuschnüren und anzupassen, war nicht erfolgreich. In diesem Fall wäre eine zweite Lesung notwendig geworden, sodass sich das Vorhaben durch die bevorstehenden Europawahlen voraussichtlich auf erst mal unbestimmte Zeit verschoben hätte. Nun steht nur noch die abschließende Zustimmung des Rates aus.

Laut Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius wird die EU-Kommission außerdem mit Blick auf die Landwirtschaft das Zusammenspiel der IED mit anderen gesetzlichen Regelungen untersuchen und in Betracht ziehen, die Richtlinie in einen industriellen und einen landwirtschaftlichen Teil aufzuspalten. Der EU-Kommissar verwies zudem auf die lange Übergangszeit. Die neuen Regelungen würden frühestens zwischen 2030 und 2032 wirksam werden.

 

2026 steht Neubewertung an

Europaparlament und Mitgliedstaaten hatten sich Ende November auf eine gemeinsame Position verständigt. Als großer Streitpunkt hatte die Einbeziehung der Rinderhaltung gegolten. Während sich das Parlament dagegen ausgesprochen hatte, sollten nach den Vorstellungen der Mitgliedstaaten Rinderbetriebe ab 350 Großvieheinheiten (GVE) von der Richtlinie erfasst werden. Der Kompromiss sieht vor, dass Rinderhalter zunächst außen vor bleiben. Allerdings wird die EU-Kommission bis spätestens Ende 2026 eine Neubewertung der Notwendigkeit einer Verringerung der Emissionen aus der Tierhaltung vorlegen und dabei auch die Rinderhaltung berücksichtigen. Geprüft werden soll außerdem, inwieweit Importe aus Drittstaaten den Vorgaben der überarbeiteten IED unterworfen werden sollten.

 

Schwellenwert von 350 GVE für Schweinehaltung

Für die Schweinehaltung sieht die novellierte IED einen Schwellenwert von 350 GVE vor. Ausnahmen gelten für extensive Haltungsmethoden beziehungsweise den Ökolandbau. Für Gemischtbetriebe mit Schweine- und Geflügelhaltung sind 380 GVE vorgesehen. Die neuen Vorschriften sollen ab 2030 zunächst für die größten landwirtschaftlichen Betriebe gelten.

 

Die ISN meint:

Die erweiterten Vorgaben der Emissionsrichtlinie sind – so der Rat nun auch noch der Fassung zustimmt – für die Schweinehalter sehr einschneidend. Denn anders als EU-seitig kommuniziert wird, werden damit besonders auch kleinere bis mittlere Betriebe mit schärferen Emissionsregeln zu tun haben. Denn in Kombination mit der GVE-Grenze führt der GVE-Berechnungsschlüssel der EU zur drastischen Absenkung der Betriebsgrößenschwellen, ab denen verschärfte Emissionsauflagen greifen. So werden laut Eurostat Ferkel bis 20 kg mit 0,027 GVE, Zuchtsauen ab 50 kg mit 0,5 GVE und alle anderen Schweine (u.a. Mastschweine) mit jeweils 0,3 GVE bewertet. Dies bedeutet, dass die Grenze, ab der Betriebe unter die Regelungen der IED fallen, gemäß dem Schwellenwert von 350 GV bereits bei beispielsweise 1.166 Mastschweinen liegen würde – das ist eine massive Absenkung der bisherigen Grenzen.

Die beabsichtigten EU-Neuregelungen sind inakzeptabel. Wird die Novelle so durchgesetzt, würde dies insbesondere für Familienbetriebe mit kleineren und mittleren Schweinebeständen das Aus bedeuten. Die enormen Kosten der Emissionsminderungsmaßnahmen sind gerade für familiengeführte Betriebe, wirtschaftlich schlicht nicht umsetzbar. Schon ohne diese Neuregelungen wissen viele Schweinehalter nicht, wie sie die Vorgaben und Fristen der TA-Luft erfüllen sollen. Nun wird eine Vielzahl kleinerer und mittlerer Betriebe dazukommen, die direkt betroffen sind. Statt aller Bekundungen aus der Politik, gegensteuern zu wollen, wird das Ordnungsrecht weiter hochgedreht. Noch hätte man aber die Möglichkeit den Worten Taten folgen zu lassen und die Verschärfungen in der EU-Emissionsrichtlinie im Rat der EU zu stoppen.


arrow_upward