Urteil: Fehlerhafte Baugenehmigung vom Landkreis – trotzdem Vorhaben umsetzbar?
In einem aktuellen Urteil (2 K 2307/16) hat das Verwaltungsgericht Münster entschieden, dass die dem Landwirt durch den Landkreis erteilte Baugenehmigung zwar rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, jedoch die (materiellen) Fehler der Baugenehmigung in einem ergänzenden Verfahren nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) heilbar sind.
Der Landwirt hat nach einer Heilung der Fehler der Baugenehmigung des Landkreises die Möglichkeit, dass sein geplantes Vorhaben errichtet und betrieben werden kann, ohne dass er ein umfangreiches neues Genehmigungsverfahren anstrengen muss.
Die Kanzlei Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB hat den Landwirt vertreten.
Was war passiert?
Der Landkreis erteilte dem Landwirt eine Baugenehmigung für zwei Ferkelställe mit einem angebauten Sauenstall. Das geplante Vorhaben befand sich im Außenbereich und war mangels ausreichender eigener Futtergrundlage nicht landwirtschaftlich privilegiert nach dem BauGB. Es bestand dementsprechend nur die Möglichkeit einer Privilegierung als sonstiges Vorhaben. Hierfür war es zwingend notwendig, dass für das Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und keine sogenannte UVP-Vorprüfung durchzuführen war. Da für eine solche Beurteilung die im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) genannten Tierplatzzahlen als Schwellenwerte maßgebend sind, stellte sich im konkret zu entscheidenden Fall für das Verwaltungsgericht die Frage, ob die Ferkel mit zur Sau zu rechnen waren, oder ob die Ferkel als separate Tiere im Sinne der Schwellenwerte des UVPG gelten.
Das Verwaltungsgericht Münster hat sich nach umfangreicher Auslegung des UVPG dafür entschieden, dass die Ferkel mit zur Sau als Muttertier zu rechnen sind. In der Folge waren die Tierplatzzahlen des UVPG für eine sogenannte UVP-Vorprüfung nicht überschritten. Die Rüge des Klägers (einer Umweltvereinigung), eine solche Vorprüfung hätte durchgeführt werden müssen, war verfehlt.
Heilung im ergänzenden Verfahren?
Allerdings erklärte das Verwaltungsgericht Münster die Baugenehmigung für rechtswidrig, da das Vorhaben gegen den Habitatschutz (hier: FFH-Gebiete), den gesetzlichen Biotopschutz, die Kompensationspflicht und den Wallheckenschutz verstoße.
In der Folge hat der Landwirt mit dem zuständigen Landkreis als Genehmigungsbehörde die genannten Verstöße in einem ergänzenden Verfahren zu heilen, da die Identität des Vorhabens nicht angetastet wird und die Fehlerbehebung nicht von vornherein ausgeschlossen ist.
Da die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage der Auslegung der Schwellenwerte des UVPG zu Sauen und Ferkeln hat und insbesondere die Maßstäbe für die Beurteilung einer erheblichen Beeinträchtigung von FFH-Gebieten und gesetzlich geschützten Biotopen durch stoffliche Einträge (Stickstoff) nicht höchstrichterlich geklärt sind, hat das Verwaltungsgericht die Berufung zugelassen. Es bleibt offen, wie - im Falle der Einlegung der Berufung - das Oberverwaltungsgericht Münster entscheiden wird.