Umbau der Tierhaltung: FDP bremst beim staatlichen Ausgleich der Mehrkosten
Es gibt immer noch keine Einigkeit der Ampelparteien darüber, auf welchem Weg eine Honorierung der Tierwohlkosten bei den Landwirten ankommen soll (©ISN)
Die Tierwohlfinanzierung hängt weiterhin in der Luft. Es gibt immer noch keine Einigkeit der Ampelparteien darüber, auf welchem Weg eine Honorierung der Tierwohlkosten bei den Landwirten ankommen soll. Die FDP lehnt eine Finanzierung durch Steuern oder eine Tierwohlabgabe ab. Seit dieser Woche stehen Investitionsfördermittel in Höhe von 1 Mrd. Euro im Raum, die Bundesfinanzminister Christian Lindner im Zuge der Verteilung des Bundeshaushaltes 2022 für die kommenden vier Jahre zugesagt habe, berichtet Agra Europe.
ISN: Das Bremsen der FDP bei der staatlichen Tierwohlfinanzierung schadet den deutschen Schweinehaltern. Zunächst einmal ist es zwar gut, dass FDP-Finanzminister Christian Lindner ein Förderpaket auf den Weg bringen will, auch wenn es ein Vielfaches davon an finanzieller Unterstützung braucht. Landwirte müssen dann aber auch an die Fördermittel herankommen können und dürfen zudem nicht durch zahlreiche Genehmigungshürden beim Umbau ihrer Ställe blockiert werden. Zu aller erst bedarf es aber schnellstens Klarheit hinsichtlich der Auszahlung der Überbrückungshilfen!
1 Mrd. Euro Investitionsfördermittel zugesagt
Nach wie vor gibt es keine Einigkeit innerhalb der Ampelkoalition darüber, wie der Umbau der Tierhaltung finanziert werden soll. Zwar hat Bundesfinanzminister Christian Lindner dem Vernehmen nach dem Bundeslandwirtschaftsministerium Investitionsfördermittel in Höhe von 1 Mrd. Euro für die kommenden vier Jahr zugesagt. Wie und nach welchen Kriterien diese zusätzlichen Haushaltsmittel eingesetzt werden sollen, ist aber ebenso unklar wie die Frage einer zumindest teilweisen Kompensation der Kosten, die mit der Einhaltung höhere Tierwohlstandards verbunden sind.
Sämtliche Fragen zur Finanzierung völlig unklar
Nachdem aufgrund des geplanten Sondervermögens von 100 Mrd. Euro für die Stärkung der Bundeswehr die ursprünglich für den 9. März geplante Verabschiedung des Entwurfs für den Bundeshaushalt 2022 um eine Woche verschoben worden ist, bleibt noch ein wenig Zeit für die notwendigen Entscheidungen im Etat des Agrarressorts, heißt es bei Agra Europe. Das gelte beispielsweise für die Frage, ob die Förderung von Stallbauten im Rahmen der Agrarinvestitionsförderung in der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes
(GAK) erfolgen soll oder über ein eigens aufzulegendes Bundesprogramm. Bei ersterem wären die Länder mit im Boot - auch finanziell über die Kofinanzierung. Ein Bundesprogramm würde der Regierung größeren Handlungsspielraum geben, müsste aber administrativ gesondert abgewickelt werden.
FDP lehnt staatliche Tierwohlprämie und Tierwohlabgabe ab
Eine Honorierung der Tierwohlkosten in Form einer staatlichen Tierwohlprämie über eine steuerliche Lösung, etwa eine Anhebung der ermäßigten Mehrwertsteuer auf tierische Erzeugnisse, lehnt die FDP weiterhin kategorisch ab. Auch eine Tierwohlabgabe ist für die Liberalen offenbar nicht akzeptabel. Bleibt der von den Grünen ins Spiel gebrachte Transformations- und Klimafonds als Finanzierungsquelle. Auch dazu sei noch nichts entschieden, heißt es in Berlin.
Die ISN meint:
Dass ein Umbau der Tierhaltung hohe Mehrkosten mit sich zieht, ist unbestritten – die Tierhalter benötigen dabei erhebliche finanzielle Unterstützung. Wenn die FDP hier bremst, schadet sie erheblich den deutschen Schweinehaltern Es ist zwar zunächst einmal gut, dass FDP-Finanzminister Christian Lindner ein entsprechendes Förderpaket auf den Weg bringen will. Das darf allerdings über zwei wichtige Punkte nicht hinwegtäuschen. Zum einen ist der Finanzierungsbedarf, wie er unter anderem durch die Borchert-Kommission festgestellt wurde, um ein Vielfaches höher. Insofern kann das Förderpaket, was nun auf den Weg gebracht werden soll nur ein erster Schritt zur Finanzierung des Umbaus in der Tierhaltung sein. Zum anderen müssen die Betriebe aber auch erst einmal in die Lage versetzt werden, dass sie überhaupt an die Fördermittel herankommen können. Das jüngste Corona-Konjunkturpaket (das sogenannte 300 Mio. € Paket) hat sehr deutlich gezeigt, dass das eben bislang nur sehr begrenzt der Fall ist. Zum einen werden die Betriebe durch zahlreiche Genehmigungshürden beim Umbau blockiert und zum anderen beschränken falsch gesetzte Zugangsvoraussetzungen den Zugang zu den Fördermitteln. Diese Hürden muss die Bundesregierung schnellstens abbauen, sonst verpufft jegliches Förderpaket.
Nicht nachvollziehbar ist die Position der FDP, die weiterhin gegen einen durch Steuern oder eine Tierwohlabgabe getragenen staatlichen Ausgleich ist. Will man dort wirklich die Schweinehaltung opfern, nur um das eigene Wahlversprechen einzulösen, das lautete, keine Steuern anzuheben? Dass allein der Markt die hohen zusätzlichen Kosten tragen wird ist ein berechtigter Wunsch, geht aber vollkommen an der Realität vorbei.
Und noch ein Aspekt ist wichtig. Schweinehalter können den Umbau ihrer Ställe nur vornehmen, wenn sie sie aktuelle finanzielle Krise überhaupt betrieblich überstehen. Dazu brauchen sie jetzt Unterstützung! Deshalb ist es dringend geboten, dass sie Bundesregierung endlich Klarheit hinsichtlich der Auszahlung der Überbrückungshilfen an Schweinehalter schafft.