20.01.2023rss_feed

Umbau der Tierhaltung: Borchert-Kommission fordert grundlegende Nachbesserungen an den Vorschlägen der Bundesregierung

Achgesichts der geplanten Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zum Umbau der Tierhaltung, meldet sich die Borchert-Kommission mit einer warnenden Stellungnahme zurück.

Achgesichts der geplanten Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zum Umbau der Tierhaltung, meldet sich die Borchert-Kommission mit einer warnenden Stellungnahme zurück.

Die Kritik an den Umbauplänen der Bundesregierung reißt nicht ab! Nachdem die Borchert-Kommission vor wenigen Monaten verkündet hatte, ihre Arbeit vorerst ruhen lassen zu wollen, meldet sie sich jetzt mit einer deutlichen Warnung zurück. Die vorliegenden Gesetzesvorhaben der Bundesregierung sind nach Auffassung des Kompetenznetzwerks nicht in der Lage, den Umbau der gesamten Nutztierhaltung zu bewerkstelligen!

ISN: Die Kritik der Kommission ist mehr als berechtigt. Reagiert Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir jetzt endlich und bessert die Mängel seiner Rechtsinitiativen aus? Schließlich hat er doch selbst den Wert der Beratung der Borchert-Kommission stark gelobt. Immerhin, bei den Koalitionspartnern SPD und FDP scheinen die Mängel inzwischen erkannt und die Einsicht gereift zu sein, dass unbedingt nachgebessert werden muss.

 

Es brodelt gewaltig in der Tierhaltung! Nachdem das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die sogenannte Borchert-Kommission, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erteilte Mandat zur Fortsetzung der Begleitung des notwendigen Transformationsprozesses der deutschen Nutztierhaltung zwar angenommen, aber ihre Arbeit - frustriert von der Totalabsage der Bundesregierung an die vorgelegten Vorschläge für ein Gesamtkonzept – vorerst ruhen gelassen hat, meldet sich die Kommission nun mit deutlichen Worten zurück.

 

Borchert-Kommission warnt vor Abwanderung der Tierhaltung

Die Borchert-Kommission warnt davor, dass die Gesetzesvorhaben der Bundesregierung in ihrer jeweiligen Ausgestaltung und im Zusammenwirken nicht in der Lage seien, den Umbau der Nutztierhaltung zu bewerkstelligen. Wenn die Politik die Transformation des Sektors nicht langfristig und umfassend gestaltet, sondern sich vor allem auf die Weiterentwicklung von Ordnungsrecht und Kennzeichnung beschränkt, wird Tierhaltung in Länder mit geringeren Anforderungen verlagert und der inländische Konsum zunehmend durch Importe gedeckt, heißt es in einer heute veröffentlichten Stellungnahme.

 

Perspektive fehlt: Politikmaßnahmen laden nicht zur Mitgestaltung der Transformation ein

Insgesamt betrachtet fügen sich die geplanten Politikmaßnahmen laut Borchert-Kommission vor allem für Junglandwirte, die mit ihren Investitionen die Transformation des Nutztiersektors stemmen sollen, noch nicht zu einem Gesamtwerk zusammen, welches zum Umbau einlädt und ausreichende Planungssicherheit gibt. Das betreffe sowohl die Maßnahmenpakete als auch die Gesamt-Kommunikation. Konkrete Kritik sowie Verbesserungsvorschläge äußert sich die Kommission zu den Plänen für ein Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der Tierhaltung, für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz und für eine Anpassung des Baurechts und erneuert ihr Angebot der Unterstützung.

 

Tierwohlprämie ist Dreh- und Angelpunkt für gelingende Transformation

Besonders kritisch bewertet die Kommission das geplante Förderpaket zum Umbau der Tierhaltung. Zum einen seien die wesentlichen Modalitäten der Tierwohlprämie (Ausgleich der laufenden Mehrkosten und über rechtssichere Verträge abgesicherter Förderzeitraum) völlig unzureichend. Zum anderen führen die strikten Größenbegrenzungen dazu, dass der Großteil der Schweinebestände gar nicht in das Programm einbezogen werden können.

 

Konkrete Vorschläge der Borchert-Kommission zur Verbesserung der aktuellen Gesetzesvorhaben:

Förderprogramm

Wie AgE berichtet, sollte nach Auffassung der Borchert-Kommission die Tierwohlprämie auf 80 % bis 90 % der laufenden Kosten angehoben werden. Bislang sind 65 % vorgesehen. Die Laufzeit der Verträge sei von zehn auf 20 Jahre auszudehnen. Eventuelle Obergrenzen bei der Förderung seien so zu bemessen, dass der Großteil der Schweinebestände einbezogen werde. Teilnehmenden Betrieben solle zugestanden werden, dass sie die Anforderungen hinsichtlich intakter Ringelschwänze schrittweise erfüllen. Die Investitionsförderung solle über die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) anstatt über das Bundesprogramm durchgeführt werden, um den finanziellen Spielraum zu erhöhen.

 

Baurecht

Nachbesserungen mahnen die Fachleute auch bei der geplanten Anpassung des Baurechts an. Kontraproduktiv ist deren Ansicht zufolge beispielsweise die Vorgabe, Neubauten an der gleichen Stelle wie eine alte Stallanlage zu errichten. Hier müsse es räumliche Flexibilität geben. Zwingend notwendig sei, deckungsgleiche Anpassungen im Baurecht auch in weiteren Rechtsbereichen vorzunehmen.

 

Tierhaltungskennzeichnung

Schließlich führt die Borchert-Kommission die vielfach diskutierten Mängel im Entwurf für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz auf. Die Kennzeichnung decke den Nutztiersektor vorerst nur zu einem kleinen Teil ab, verzichte auf eine farblich-interpretative Einordnung sowie die Einbeziehung von tierbezogenen Kriterien und auf wichtige Anforderungen an eine tiergerechtere Haltung wie Einstreu in den anspruchsvolleren Haltungsformen. Die Probleme ergäben sich aus der politischen Vorgabe einer verpflichtenden nationalen Haltungskennzeichnung.

Hinzu kommt, dass die Handels- und Verarbeitungsbetriebe die Möglichkeit zum downgrading eingeräumt bekommen sollten (z. B. Verkauf von Außenklimastall-Ware als Stall-Ware), da die Vermarktung von Teilstücken aus den Stufen 3 bis 5 sonst erschwert würde. Unerlässlich sei außerdem, eine Koexistenz mit bestehenden privatwirtschaftlichen Kennzeichnungssysteme zu gewährleisten.

 

Die ISN meint:

Die Kritik der Kommission ist mehr als berechtigt. Reagiert Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir jetzt endlich und bessert die deutlich von den Mitgliedern der Kommission formulierten Mängel seiner Rechtsinitiativen aus? Schließlich hat er doch selbst den Wert der Beratung der Borchert-Kommission stark gelobt. Oder ignoriert er auch diese Kritik und geht die von uns bereits kritisierte Heuchelei des Bundeslandwirtschaftsministers auch an dieser Stelle weiter. Cem Özdemir muss endlich Reden und Handeln zusammenbringen – ansonsten betreibt er weiter ein falsches Spiel. Und wie er handeln muss, damit der Umbau der Tierhaltung nicht scheitert und nicht mit der Abschaffung der Tierhaltung endet, das hat ihm die Borchert-Kommission sehr treffend erklärt. Aus unseren zahlreichen Gesprächen und aus verschiedenen öffentlichen Äußerungen von Parlamentariern klingt aber inzwischen immerhin durch, dass bei den Koalitionspartnern SPD und FDP die Mängel der Rechtsinitiativen wohl erkannt wurden und dass in deren Reihen die Einsicht gereift ist, dass der Bundeslandwirtschaftsminister unbedingt nachbessern muss.

 


Die ISN hat in der vergangenen Woche die konkreten Kritikpunkte an den jüngsten Rechtsvorhaben der Bundesregierung in der nachfolgenden Meldung ausführlich beschrieben und fordert Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir auf: Schluss mit der Heuchelei! Minister Özdemir muss sich endlich ehrlich machen, dass er nicht die Transformation, sondern ausschließlich den Abbau der Tierzahlen und die Verdrängung der Schweine haltenden Betriebe verfolgt:

Umbaupläne: Schweinehalter werfen Minister Özdemir Heuchelei vor

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