23.07.2018rss_feed

Tierschutzkontrollen in der Landwirtschaft: Diskussion um Kontrollquoten

ISN: Nicht die Zahl der Kontrollen muss steigen, sondern deren Qualität.

ISN: Nicht die Zahl der Kontrollen muss steigen, sondern deren Qualität.

Wie oft werden landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung kontrolliert und welche Verstöße werden festgestellt? Zwei Anfragen – eine der FDP auf Bundesebene und eine der niedersächsischen Grünen auf Landesebene- beschäftigen Politik und Medien in der politischen Sommerpause. Die Kontrollquoten für landwirtschaftliche Betriebe seien zu niedrig und die Personalausstattung der Veterinärämter zu gering, lautet die Kritik. So würden zum Beispiel Betriebe in Bayern nur alle 48 Jahre von Amtsveterinären überprüft.

 

ISN: Auch wenn es offensichtlich Optimierungsbedarf gibt, allein der Ruf nach mehr Kontrollen geht in die falsche Richtung. Nicht die Zahl der Kontrollen muss steigen, sondern deren Qualität.

 

Wie oft werden landwirtschaftliche Betriebe mit Tierhaltung kontrolliert und welche Verstöße werden festgestellt? Das wollte die tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen in Niedersachsen, Miriam Staudte, mit der Anfrage im Niedersächsischen Landtag Tierschutzkontrollen in der Landwirtschaft erfahren. Ähnliche Zahlen haben Bundestagsabgeordnete der FDP mit ihrer Kleinen Anfrage zum Thema: Vollzug von Tier- und Verbraucherschutzrecht auf Bundesebene abgefragt.

 

Kontrollintervalle von bis zu 48 Jahren

Die Antworten haben ein breites Medienecho ausgelöst: Bundesweit erfolgen Kontrollen in Tierhaltungsbetrieben nach Angaben der Bundesregierung im Durchschnitt alle 17 Jahre. Es gibt große regionale Unterschiede; in Bayern erhalten Tierhalter alle 48 Jahre Besuch vom Amtsveterinär. In Niedersachsen sind es 21 Jahre, in NRW knapp 15 Jahre. Insgesamt gibt es den Daten zufolge 15.000 Stellen für mehr als 640.000 zu kontrollierende Betriebe. Zu wenig Veterinäre für zu viele Betriebe, lautet ein Fazit in den Medien.

 

Vor allem kleinere Verstöße festgestellt

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hat die Daten weiter aufgeschlüsselt: Bei 1.326 von insgesamt 4.487 kontrollierten Tierhaltungen hatten die Veterinäre Probleme erkannt. Die meisten Verstöße entdeckten die Kontrolleure im vergangenen Jahr in der Rinder- und Kälberhaltung.

Von den 16.324 Schweinehaltern in Niedersachsen wurden 788 im Jahr 2017 kontrolliert. Dabei gab es bei 491 Betrieben keine Beanstandung. In den übrigen Betrieben haben die Veterinäre kleinere und größere Verstöße festgestellt. Die meisten Verstöße konnten umgehend behoben werden. Doch in einigen Fällen wurde sofort ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet oder direkt die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

 

Niedersachsen: Defizite erkannt

Grundsätzlich sind die Länder für den Vollzug des geltenden Tier- und Verbraucherschutzrechts zuständig und müssen sicherstellen, dass die Veterinärverwaltungen mit den entsprechenden finanziellen, personellen und organisatorischen Mitteln ausgestattet sind, um die Aufgaben zu erfüllen.

In Niedersachsen ist ein Defizit bei der Kontrollquote erkannt worden: Aus Sicht der Landesregierung besteht die Notwendigkeit, auch in quantitativer und qualitativer Hinsicht eine Verbesserung des Kontrollsystems zu erreichen, heißt es in der Antwort auf die Anfrage der Grünen.

Auch die Personalausstattung der Veterinärämter soll in Niedersachsen angegangen werden. Die Landesregierung plant, die Zahl der Stellen für Referendarinnen und Referendare für die Vorbereitung auf den amtstierärztlichen Dienst ab 2019 um 50 % zu erhöhen.

 

Die ISN meint:

Wer sich nur die Vor-Ort-Kontrollen der Veterinärämter als Bewertungsmaßstab für Tierschutzkontrollen und für den Tierschutz in den Betrieben rauspickt, macht einen Fehler. Die Vor-Ort-Kontrollen sind nur ein Baustein der Überwachung von landwirtschaftlichen Betrieben. So wird im Sommerloch beabsichtigt ein Zerrbild erzeugt, dass es so aus Sicht der ISN in der Praxis nicht gibt.

Denn die zunehmende Kontrollintensität der Betriebe ist nicht gefühlt: Über das QS-System müssen sich nahezu alle Schweinehalter regelmäßig überprüfen lassen. Überdies werden im Rahmen der Initiative Tierwohl viele Betriebe zusätzlich kontrolliert. Hinzu kommen Kontrollen, die das Veterinäramt an andere Institutionen, z.B. die Schweinegesundheitsdienste ausgelagert hat. Vorgeschrieben ist zudem, dass der Hoftierarzt einmal je Mastdurchgang, mindestens jedoch zweimal jährlich den Tierbestand gesundheitlich begutachtet und bei Bedarf Maßnahmen einleitet. Die Veterinärämter verfügen über Daten von den Betrieben und nutzen diese auch heute schon, da jedes Schwein wird vor der Schlachtung von den amtlichen Tierärzten auf tierschutzrelevante Befunde untersucht wird. Sämtliche Daten über den Antibiotikaverbrauch werden in der staatlichen Datenbank erfasst und stehen den Behörden zur Verfügung.

So laufen Kontrollen schon heute risikoorientiert. Ohne Zweifel gibt es noch Optimierungspotential. Allerdings gilt der Grundsatz, dass ein mehr nicht gleich besser ist. Der Fokus sollte nicht auf der nackten Erhöhung der Anzahl der Kontrollen liegen, sondern auf der weiteren Erhöhung der Effektivität. Schon heute fließt eine Vielzahl von Daten in die risikoorientiert durchgeführten Kontrollen ein. Diese müssten in Zukunft weiter vernetzt werden, erklärt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.


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