09.11.2022rss_feed

Tierhaltungskennzeichnungsgesetz: Ländermehrheit im Bundesratsagrarausschuss lehnt Entwurf der Bundesregierung ab

Die breite Mehrheit der Bundesländer hat die Hauptkritikpunkte an dem Gesetzesentwurf deutlich gemacht und aufgezeigt, dass von Grund auf nachgebessert werden muss.

Die breite Mehrheit der Bundesländer hat die Hauptkritikpunkte an dem Gesetzesentwurf deutlich gemacht und aufgezeigt, dass von Grund auf nachgebessert werden muss.

Der Agrarausschuss des Bundesrates hat den Entwurf zum Tierhaltungskennzeichengesetz am Montag mehrheitlich abgelehnt. Kritisiert wurde unter anderem das fehlende Gesamtkonzept, berichtet AgE.

ISN: Nach der massiven und breiten Kritik von landwirtschaftlichen und sonstigen Organisationen wie auch von Tier-, Umwelt- Verbraucherschutzverbänden an dem Gesetzesentwurf ist die Abstimmung nun ein weiterer Fingerzeig aus den Bundesländern an den Bundeslandwirtschaftsminister, dass das Tierhaltungskennzeichengesetz von Grund auf nachgebessert werden muss. Wir erwarten, dass sich nun auch das Bundesratsplenum und die Abgeordneten des Bundestages mit den Kritikpunkten auseinandersetzen und entsprechende Nachbesserung einfordern.

 

Der Entwurf der Bundesregierung für ein Tierhaltungskennzeichnungsgesetz stößt bei den Ländern auf Kritik. Der Agrarausschuss des Bundesrates hat den Gesetzentwurf am Montag mehrheitlich abgelehnt. Dem Antrag der Länder Bayern, Baden-Württemberg Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein auf Ablehnung stimmten auch Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen zu. Niedersachsen, das Saarland und Sachsen enthielten sich.

 

Gesamtkonzept fehlt

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung greife wesentlich zu kurz und sehe kein ganzheitliches Konzept zum Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland vor, heißt es in der Begründung des Mehrländerantrags. Zudem sei der Entwurf mit Blick auf die europarechtskonforme Ausgestaltung in Bezug auf den freien Warenverkehr sowie in Verbindung mit der vorgesehenen Verknüpfung kennzeichnungsrelevanter Mindestanforderungen für die einzelnen Haltungsformen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung fraglich.

 

Ländern kritisieren Lückenhaftigkeit

Mit der Beschränkung der verpflichtenden Kennzeichnung zunächst auf frisches Schweinefleisch blieben der weitaus größere Marktanteil ungeregelt und wichtige Absatzwege wie Gastronomie und Außer-Haus-Verpflegung unberücksichtigt. Zudem zielten die Anforderungen ausschließlich auf den Lebensabschnitt Mast. Die Bereiche der Ferkelerzeugung, Aufzucht sowie Transport und Schlachtung seien dagegen außen vor. Für dringend erforderlich halten die meisten Länder eine Verknüpfung der Haltungskennzeichnung mit einer Herkunftskennzeichnung sowie die Vorlage einer langfristig wirksamen Finanzierungsstrategie.

 

Praxisbewährte Systeme werden geschwächt

Der Gesetzentwurf sehe zudem keine wirksame und systematische Überwachungsmöglichkeit der zuständigen Behörden vor, erhöhe jedoch gleichzeitig den Bürokratieaufwand in Form von Mitteilungs-, Dokumentations- sowie Überwachungspflichten für Betriebe und zuständige Behörden. Eine adäquate Überwachung ausländischer Betriebe sei nicht möglich. Schließlich würden das bestehende, praxisbewährte Initiative-Tierwohl-(ITW)-System der Wirtschaft sowie das damit verbundene System der Finanzierung von mehr Tierwohl für die Betriebe geschwächt.

 

Die ISN meint:

Es ist schon ein außergewöhnlicher demokratischer Vorgang, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die massive und breite Kritik von landwirtschaftlichen und sonstigen Organisationen wie auch von Tier-, Umwelt- Verbraucherschutzverbänden ignoriert – und stattdessen weiter versucht, seinen Gesetzesentwurf zur Tierhaltungs­kennzeichnung durchzudrücken. Wenn er nun auch noch den deutlichen Fingerzeig, den er mit der Abstimmung im Agrarausschuss des Bundesrates aus den Bundesländern bekommen hat, überhört, dann muss er sich ein rein ideologisch geprägtes Handeln im Amt vorwerfen lassen.

Eine breite Mehrheit der Bundesländer hat sehr treffend die Hauptkritikpunkte an dem Gesetzesentwurf deutlich gemacht und aufgezeigt, dass von Grund auf nachgebessert werden muss. Und auch Niedersachsen, das sich aufgrund des Regierungswechsels bei der Abstimmung enthielt, kann sich dem Votum eigentlich nur anschließen, wenn die Aussagen der neuen niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte Substanz haben. Sie hat nämlich zum Amtsantritt deutlich gemacht, die Transformation der Tierhaltung in Niedersachsen vorantreiben zu wollen und zwar gemeinsam mit den Landwirten. Mit dem vorliegenden Entwurf des Tierhaltungskennzeichengesetz ist das wohl kaum machbar. Nach der deutlichen Ausschussempfehlung geht es nun weiter zur Abstimmung in das Plenum des Bundesrates – danach sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestages am Zuge. Wir erwarten, dass man sich sowohl im Bundesrat als auch im Bundestag gründlich mit den Kritikpunkten auseinandersetzt und wie der Agrarausschuss eine entsprechende Nachbesserung und eine Schließung der identifizierten Lücken im Gesetzesentwurf einfordert.


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