Schweinestau schrumpft – Absatz hakt
Der Abbau des Schweinestaus nimmt nun endlich mehr Fahrt auf. In der vergangenen Woche konnte der Überhang an Schlachtschweinen um ca. 90.000 auf etwa 880.000 Tiere reduziert werden. Im Wesentlichen sind die Anpassungsreaktionen der Landwirte und das damit verbundene geringere Angebot für das hohe Tempo beim Abbau des Überhangs verantwortlich. Um den Abbau des Schweinestaus weiter zu beschleunigen und nicht in einen Vermarktungsstau zu laufen, müssen unbedingt bessere Absatzmöglichkeiten geschaffen werden – im (Drittlands-)Export, aber auch im Inland.
In das neue Jahr schleppte der Schweinemarkt einen riesigen Berg von über 1 Mio. Schlachtschweinen mit. Während der Abbau des Überhangs in den ersten beiden Wochen dieses Jahres mit 30.000 bzw. 60.000 Tieren noch nicht so richtig in Schwung kam, konnte der Stau in der vergangenen Woche um ca. 90.000 auf etwa 880.000 Schlachtschweine reduziert werden. Der Hauptgrund für das hohe Tempo des Überhangsabbaus sind die Anpassungsreaktionen der landwirtschaftlichen Betriebe. Dazu erläutert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack: Im vergangenen Jahr wurden die Schweinehalter von verschiedenen Seiten kritisiert, ihr Angebot an Schweinen nicht an die Krise anzupassen. Diese Kritik haben wir schon damals als völlig unberechtigt zurückgewiesen und die lange Verzögerungszeit, bis sich Anpassungen am Markt bemerkbar machen, hingewiesen. Und spätestens jetzt zeigt sich ganz deutlich: Es sind genau die Anpassungsreaktionen der deutschen Schweinehalter, die nun maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass der Schweinestau in einem deutlich höheren Tempo aufgelöst werden kann.
Dabei bezieht er sich zum einen auf die seit September wöchentlich um 35.000 - 45.000 Tiere reduzierten Ferkelimporte aus den Niederlanden und Dänemark und zum anderen auf das stark rückläufige Angebot an deutschen Ferkeln. Zusammengenommen sorgt das dafür, dass das Angebot an nachwachsenden Schweinen derzeit 7-8 % geringer ausfällt als zu Jahresbeginn 2020. Es zeichnet sich zudem immer mehr ab, dass das Angebot im fortschreitenden Jahresverlauf noch stärker abnehmen wird. Die Anpassungsreaktionen der deutschen Landwirte – und speziell auch der Betriebsaufgaben – werden dann erst richtig sichtbar.
Relativ ruhige Infektionslage in den Schlachthöfen
Zum schnelleren Abbau des Schweinestaus trägt derzeit aber auch das Hochfahren der Kapazitäten an zuvor von Corona betroffenen Schlachtstandorten bei. Nach wie vor sind einige Schlachthöfe Corona bedingt eingeschränkt – allerdings nicht mehr so stark wie in den Vorwochen. Derzeit treten nach Corona-Fällen bei Mitarbeitern noch Einschränkungen bei Willms-Fleisch in Loxstedt auf ca. 85 % der üblichen Kapazität auf. Außerdem kann der Vion-Standort in Perleberg aktuell nur zu ca. 90 % ausgelastet werden. Im Großen und Ganzen lässt sich die Infektionslage in den Schlachthöfen aber als relativ ruhig beschreiben. Dadurch konnten die Schlachtaktivitäten im Vergleich zur Vorwoche gesteigert werden.
Absatzmöglichkeiten für Schweinefleisch müssen verbessert werden
Die Tatsache, dass sich das Infektionsgeschehen in den Schlachthöfen derzeit beruhigt, führt dazu, dass der Schweinefleischabsatz nun in den Fokus rückt. Insgesamt stehen nun theoretisch mehr Schlachthaken zur Verfügung, aber nicht überall werden diese voll ausgelastet, weil sich nicht genügend Fleisch vermarkten lässt. ISN-Marktanalyst Klaus Kessing erläutert dazu: Wir sehen, dass die Schritte beim Abbau des Schweinestaus größer werden. Wichtig ist jetzt, dass sich der Schweinestau nicht zu einem Vermarktungsstau von Schweinefleisch entwickelt.
Denn derzeit sind zwei der drei Absatzwege für Schweinefleisch sehr stark eingeschränkt. Erstens ist der Außer-Haus-Verzehr ist durch den fortdauernden Lockdown auf ein Minimum reduziert und zweitens sind die Drittlandsmärkte infolge des Auftretens der Afrikanischen Schweinepest für deutsches Schweinefleisch gesperrt. Diesbezüglich erneuert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack seine Forderung: Der Absatz für deutsches Schweinefleisch muss dringend verbessert werden. Wir brauchen mehr Absatzventile in wichtige Drittlandsmärkte. Das wird man nur dann erreichen können, wenn sich auch die Regierungsspitze – also die Kanzlerin – mit Nachdruck in die Gespräche mit den Drittländern einschaltet.
Werbeaktivitäten der Händler sind notwendig
Der einzige intakte dritte Absatzweg ist momentan der Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Die jüngsten Werbeaktionen der Händler für Schweinehälften begrüßt ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack: Das hilft dem Absatz auf die Sprünge. Genau das brauchen wir im Moment. Besonders jetzt ist es wichtig, dass großen Mengen über den LEH vermarktet werden können. Daher brauchen wir auch Werbung mit Schweinefleisch – ausdrücklich nicht auf Ramschniveau, sondern mit Augenmaß. In diesem Zusammenhang wäre ein staatlich auferlegtes Preiswerbeverbot, wie es momentan diskutiert wird, kontraproduktiv.
Abschließend fasst er zusammen: Abgesehen von den Anstrengungen, das Corona-Virus möglichst gut aus den Schlachthöfen herauszuhalten, ist die beste Maßnahme zur Lösung des Schweinestaus momentan das Ankurbeln des Absatzes. Nur so kann der Schweinemarkt wieder anspringen und nur so können die Schweinehalter aus der ruinösen wirtschaftlichen Situation wieder herauskommen.