03.07.2014rss_feed

Schweinehalter aufgepasst: Niedersachsen veröffentlicht Erlass zur Nottötung

Neuer Erlass in Niedersachsen und NRW

Neuer Erlass in Niedersachsen und NRW

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hat am Donnerstag einen Erlass zur Betäubung und Tötung von nicht überlebensfähigen Ferkeln mit einem Lebendgewicht von bis zu 5 kg durch Tierhalterinnen und Tierhalter veröffentlicht.

Heute, Freitag, hat sich das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium den Ausführungen des niedersächsischen Erlasses angeschlossen.

 

Bereits in der vergangenen Woche hat die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) eine Stellungnahme zu dem Thema abgeben. Der nun veröffentlichte Erlass ist inhaltlich in den wesentlichen Punkten deckungsgleich zur TVT-Stellungnahme.


Kontrollen angekündigt - Im Zweifel wird untersucht

Mit dem Erlass werden die zuständigen Veterinärämter aufgefordert, die korrekte Betäubung und Tötung von Ferkeln durch Vor-Ort-Kontrollen stichprobenweise zu überprüfen.

Bei Verdacht auf tierschutzwidriges Verhalten sollen einige getötete Ferkel auf die korrekte Betäubung und Tötung hin im LAVES untersucht werden

Bei den Vor-Ort-Kontrollen sollen auch die sonstige Einhaltung tierschutzrechtlicher Vorgaben zur Schweinehaltung wie das Gruppenhaltungsgebot von Sauen kontrolliert werden.

 

Welche Ferkel dürfen notgetötet werden?

Um eine notwendige Nottötung überhaupt durchführen zu können muss zunächst die entsprechende Sachkunde vorhanden sein.

Gründe für die Nottötung werden u.a. folgende benannt: Die Tötung lediglich ‚lebensschwacher‘ Ferkel mit einem Lebendgewicht von bis zu 5 kg ist grundsätzlich nicht zulässig. Nur nicht überlebensfähige Ferkel dürfen ausnahmsweise unter bestimmten Bedingungen getötet werden. Als Gründe werden beispielsweise Afterlosigkeit, eitrige Gelenksentzündungen oder andere unheilbare Erkrankungen genannt.

 

Betäubung per Schlag auf den Kopf

Die Betäubung mittels stumpfen Schlages auf den Kopf ( … ) ist derzeit ein für Ferkel mit einem Lebendgewicht von bis zu 5 kg zugelassenes und gängiges Betäubungsverfahren, heißt es in dem Papier. … ist der stumpfe Schlag auf den Kopf mit einem geeigneten Gegenstand und ausreichend kräftig auszuführen, z.B. mit einem schweren, harten Holzstock (Anmerkung der ISN: Gegenstand zum Tier!).

Anschließend ist der Betäubungserfolg zu kontrollieren (mehr dazu im Merkblatt der TVT).

 

Entblutung - Tötung per Schlag nicht akzeptiert

Als das unmittelbar im Anschluss an die Betäubung durchzuführende Tötungsverfahren ist die Tötung durch anschließenden Blutentzug ein sicheres und gut zu kontrollierendes Verfahren, dessen Erfolg ebenfalls zu überprüfen ist, heißt es im genauen Wortlaut.

Das TVT-Merkblatt führt auch noch weitere mögliche Tötungsverfahren (z.B. CO2) auf, favorisiert jedoch das Entbluten.

Achtung: Auch, wenn der Betäubungsschlag nicht nur zur Betäubung sondern auch zum Tod führt, muss ein geeigneter Tötungsvorgang folgen.

Und weiter: Die Herbeiführung des Todes durch Genickbruch oder durch einen weiteren stumpfen Schlag auf den Kopf sind bei Ferkeln nach derzeitigem Wissensstand keine sicheren bzw. geeigneten Tötungsverfahren.

Nach Feststellung des Todes soll eine Wartezeit als Zeitraum für die Nachkontrolle eingehalten werden. Erst wenn keine Bewegungen mehr am Ferkel erkennbar sind, darf die Beseitigung des Tierkörpers erfolgen (mehr dazu im Merkblatt der TVT).

Erkundigen Sie sich bei Ihrem zuständigen Veterinäramt

Der Erlass gilt nur für schweinehaltende Betriebe in Niedersachsen und seit heute auch NRW. Ob andere Bundesländer dem niedersächsischen Vorgehen folgen werden, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.

 

Die ISN appelliert an alle niedersächsischen und nordrhein-westfälischen Schweinehalter, die Vorgaben des Erlasses unbedingt umzusetzen und einzuhalten! Aber auch die Schweinehalter in den anderen Bundesländern sollten unbedingt auf eine korrekte Betäubung und Tötung von nicht überlebensfähigen Ferkeln achten!

Angesichts der schwierigen Thematik ist es angebracht, dass Sie oder Ihr Hoftierarzt sich unverzüglich bei Ihrem zuständigen Veterinäramt erkundigen, wie das Tötungsverfahren für Saugferkel konkret durchzuführen ist. Dadurch können Sie möglicherweise auftretende Probleme bei den angekündigten Vor-Ort-Kontrollen schon im Vorfeld deutlich reduzieren.

Die ISN meint:

Unbefriedigende Lösung nach langen Diskussionen

In den langen Diskussionen (ca. ½ Jahr) um das Thema Nottötung sind u.a. von Seiten ISN, Landvolk, praktizierenden Tierärzten und Anderen immer wieder praktikable Lösungen eingefordert worden. Insbesondere die Schwierigkeiten einer Entblutung bei Saugferkeln sind vielfach diskutiert worden. Ob dieses nun vorliegende Ergebnis praktikabel und zielführend ist, muss sich zeigen und darf zumindest angezweifelt werden. Auch die TVT weist in Ihrer Stellungnahme auf den bestehenden Forschungsbedarf hin: Gleichwohl hält der AK 3 es für dringend erforderlich, nach alternativen Betäubungs‐ und Tötungsverfahren für Saugferkel zu forschen, die sowohl tierschutzgerecht, als auch praktikabler und gut standardisierbar sind.


TVT-Merkblatt zum Nottöten von Saugferkeln

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