02.09.2016rss_feed

Schweinefleischexport: Russland spielt auf Zeit und China boomt

Die Exporte nach China sind stark gestiegen, während der Markt in Russland zu ist. Interessante Märkte sind auch Mexiko, das südliche Afrika und Südostasien.

Die Exporte nach China sind stark gestiegen, während der Markt in Russland zu ist. Interessante Märkte sind auch Mexiko, das südliche Afrika und Südostasien.

Deutsche Schlachtunternehmen sehen sich im Export gut aufgestellt aber eine breitere Aufstellung der Exportmärkte ist insbesondere zur Risikominimierung wichtig. Auf der einen Seite unterstützt die Politik nun stärker bei der Öffnung von Exportmärkten, auf der anderen Seite bedrohen Bürokratie und überzogene Auflagen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Schweinehalter.

 

WTO-Verstoß, aber …

Nach dem Einfuhrstopp Russlands für europäisches Schweinefleisch Anfang 2014 geriet der europäische Schlachtschweinemarkt aus dem Gleichgewicht. Vor kurzem dann die positive Nachricht: Das von Russland verhängte Einfuhrverbot für Schweinefleisch aus der EU verstößt gegen die Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO).

Trotz dieser guten Nachricht, ist die weitere Entwicklung nicht eindeutig. Fest steht, dass Russland 60 Tage Zeit hat, um in Berufung zu gehen. Scheinbar wird Moskau das auch tun oder zumindest auf Zeit spielen. Mit Berufung auf den russischen Minister für ökonomische Entwicklung Alexey Ulyukaev wird Russland vermutlich in Berufung gehen, allerdings werde die Entscheidung nicht vor Mitte September getroffen, so das Onlinemagazin Pigprogress.

 

Export breit aufstellen, um Marktrisiko zu senken

Inzwischen entwickelte sich China mengenmäßig zum größten Exportziel für Europa. Bei rückläufigem innereuropäischem Verbrauch sind die florierenden Absatzmöglichkeiten in Asien von großer Bedeutung.

China importierte im ersten Halbjahr 1,39 Mio. t Schweinefleisch ein, wovon fast 1 Mio. t aus der EU kommen. Infolge rückläufiger Schweinebestände fiel auch das chinesische Schweineangebot knapp aus und Importe mussten die Lücke schließen. Deutschland ist mit 153.593 t wichtigster Lieferant für frisches/gefrorenes Schweinefleisch.

Nach den Erfahrungen aus dem russischen Importstop für europäisches Schweinefleisch, dass den Schweinesektor in der EU spürbar ins Schlingern brachte, sind die Sorgen der Marktteilnehmer nun groß, dass auch der florierende Export in Richtung Asien eines Tages den Zenit überschritten haben wird. So ist am Markt in den letzten Wochen von einer Abkühlung des chinesischen Marktes zu hören.

 

China weiter mit hohem Einfuhrbedarf

Trotzdem wird der Bedarf Chinas insgesamt weiter groß sein. Die Rabobank erwartet laut der Lebensmittelzeitung (LZ) einen hohen Einfuhrbedarf Chinas bis in 2017 hinein. Und auch Dr. Hermann Josef Schlöder, Ministerialrat im BMEL, sieht in einem Interview mit der Fleischwirtschaft ein nach wie vor vorhandenes Nachfragepotenzial. Der hohe Einfuhrbedarf im Reich der Mitte wird vorerst bleiben, auch wenn es Bemühungen der chinesischen Regierung gibt, die heimische Produktion auszubauen.

Schlachtunternehmen sehen sich gut aufgestellt

Die hiesigen Schlachtunternehmen sehen sich zumindest insgesamt gut aufgestellt für den Export von Schweinefleisch. Da der gesamte asiatische Markt wichtig ist, investiert Tönnies beispielsweise ständig in Kapazitäten und Effizienz, um für die Voraussetzungen für eine gesteigerte Nachfrage auch in anderen asiatischen Ländern zu erfüllen, so die LZ.

Bei der Westfleisch sind in diesem Zusammenhang zurzeit keine Investitionen geplant, berichtet der Westfleisch-Vertriebsleiter gegenüber der LZ. Die für den Export zugelassenen Fleischcenter Coesfeld und Oer-Erkenschwick könnten den Bedarf decken.

Die Vion setzt auf ein eigenes Verkaufsbüros in China. Die Exporte der Vion haben sich im ersten Halbjahr verglichen mit dem Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt. Bei den Investitionen setzte das Unternehmen in neue Verpackungsanlagen und logistische Lösungen.

 

Unterstützung aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium

Die Bedeutung des Exports für Agrarprodukte, speziell Fleisch, hat auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erkannt und schuf mit einer Stabsstelle für den Export und 80 Mitarbeitern den Rahmen. Zurzeit steht unter anderem die Öffnung des chinesischen Marktes auch für Verarbeitungsprodukte aus Schweinefleisch oben auf der Prioritätenliste. Das berichtet Dr. Schlöder laut Fleischwirtschaft. Neben der Sicherung bereits bestehender Märkte sei es wichtig, diese für weitere Produkte zu erschließen. Zudem seien für Fleisch auch Mexiko oder Südostasien mit den Philippinen und Myanmar sowie Südafrika interessant. Letzteres ist Ende des Jahres auch Ziel einer Unternehmerreise.

 

Jetzt nicht den Anschluss verlieren

Sich auf den Absatzmärkten noch breiter aufzustellen ist auch aus Erzeugersicht wünschenswert und dringend erforderlich. Die Erfahrungen mit Russland haben schließlich gezeigt, wie schnell der Markt aus dem Gleichgewicht geraten kann. Und wer nicht am Ball bleibt, ist schnell aus dem Rennen. Spanien beispielsweise hat in den vergangenen Monaten kräftig aufs Gas gedrückt und auch den anderen europäischen Mitbewerbern auf den Exportmärkten das Leben schwer gemacht. Den mexikanischen Markt als weltweit drittgrößter Schweinefleischimporteur, dürfen die Spanier bereits beliefern. An dieser Stelle den Anschluss zu verpassen, weil sich Deutschland seiner Zollstockmentalität ausschweifend hin gibt , wäre fatal. Vergessen darf man hierbei insbesondere auch nicht die Ferkelerzeuger, denn auch die Ferkelherkunft Deutschland wird immer wichtiger. Wer durch immer weitere Bürokratie und Auflagen die deutschen Ferkelerzeuger aus dem Markt drängt, der beraubt der gesamten deutschen Schweinefleischerzeugung wichtige Marktchancen.

Die Rechnung über das Defizit zahlt am Ende immer der Erzeuger, der am Anfang der Produktionskette sitzt.


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