12.08.2022rss_feed

Schlachtbetriebe kündigen ITW-Vermarktungsverträge - Tierwohlschweine zu wenig nachgefragt

Der Markt verändert sich: Einigen ITW-Betrieben wurden in den vergangenen Tagen ihre Lieferverträge gekündigt

Der Markt verändert sich: Einigen ITW-Betrieben wurden in den vergangenen Tagen ihre Lieferverträge gekündigt

Die Nachfrage nach Fleisch von ITW-Schweinen ist zu gering. Einigen Schweinehaltern wurden deshalb in den vergangenen Tagen ihre Lieferverträge gekündigt.

ISN: Das Vertrauen in eine zuverlässige Bezahlung von Tierwohlmaßnahmen schwindet. Es zeigt sich in den Kündigungen aber auch das grundsätzliche Problem, dass mehr Tierwohl nur finanzierbar ist, wenn nicht nur die Zuschläge sondern auch der Basispreis für die Schweine und Ferkel passen und die gesamte Wirtschaft und auch der Staat an einem Strang mitziehen.

 

In den vergangenen Tagen haben wir vermehrt Rückmeldungen von Betrieben bekommen, die an der Initiative Tierwohl (ITW) teilnehmen und deren Lieferverträge gekündigt wurden. Meist handelte es sich dabei um Lieferverträge mit dem Schlachtunternehmen Tönnies. Begründet wird dies seitens des Schlachtunternehmens mit der zu geringen Nachfrage nach Tierwohlfleisch und die dadurch fehlende Bezahlung seitens der Fleischabnehmer. Diese geringere Nachfrage nach Tierwohlfleisch wurde uns gegenüber einhellig von verschiedenen Schlachtunternehmen bestätigt. Der schwächelnde Verkauf von Schweinefleisch im Lebensmitteleinzelhandel wirke sich verstärkt aus, weil der Hauptteil des Fleisches von Tieren, welche nach den Bedingungen der Initiative Tierwohl gehalten werden, in den Frischfleischbereich des deutschen Lebensmitteleinzelhandel vermarktet wird.

 

Die ISN meint:

Nicht zum ersten Mal werden Schweinehalter, die für die Teilnahme an der Initiative Tierwohl Geld investiert haben, bei der notwendigen Bezahlung zum Ausgleich der Mehrkosten im Regen stehen gelassen. Und selbst wenn die Betriebe ihre Erzeugung wieder auf den alten Standard zurücksetzen, bleiben sie auf einem großen Teil ihrer zusätzlichen Kosten sitzen – und das gerade in dieser Zeit mit stark angestiegenen Erzeugungskosten und hohen finanziellen Verlusten in den Betrieben. Das Vertrauen in eine verlässliche Bezahlung von Tierwohlmaßnahmen schwindet dabei massiv.

Wer zukünftig noch stärker auf Tierwohl setzen will, der muss heute dafür sorgen, dass die Schweinehalter entsprechend Geld für ihre Schweine bekommen! Nur dann haben die Betriebe eine Basis, um auch längerfristig planen können, ordnet der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes die Situation ein und führt weiter aus: Die Kündigungen machen aber besonders deutlich, dass wir vor grundsätzlichen Marktveränderungen stehen und es ist wenig verwunderlich, dass die Konsolidierung zuerst bei den Marktführern deutlich wird.

Dierkes erläutert: Wir müssen angesichts hoher Teuerungsraten, leerer Haushaltskassen und der dramatisch schlechten Situation in der Schweinehaltung aber auch Tacheles reden. Wir diskutieren inzwischen seit einer Dekade über Tierwohl. Die Wirtschaft ist mit der Initiative Tierwohl vorangegangen und wir müssen nüchtern feststellen, dass sich mehr Tierwohl nur dann finanzieren lässt, wenn zum einen die gesamte Wirtschaft mitziehen würde – was bei weitem nicht der Fall ist. Ich rede hier u.a. auch von der Fleischverarbeitung, dem Großhandel und der Gastronomie, die sich in weiten Teilen wegducken. Und es geht angesichts ungleicher Voraussetzungen im globalen Markt zum anderen auch nur mit finanzieller Unterstützung des Staates. Ergänzend führt Dierkes aus: Wir müssen auch über die Preisbildung reden. Die ohnehin zu knappen Tierwohlzuschläge dürfen erst recht nicht die Legitimation dafür sein, dass auf der anderen Seite die Basispreise für Fleisch zur Inflationsbremse derart auf Weltmarktniveau gedrückt werden, dass Schweinehalter hierzulande dauerhaft hohe Verluste einfahren. Genau das ist seit über zwei Jahren der Fall. Die Schweinehaltung kann nur dann weiterentwickelt werden oder gar Bestand haben, wenn diese mit oder ohne Tierwohl auskömmlich betrieben werden kann.


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