15.06.2022rss_feed

Preisdruck bei Schweinefleisch: völlig falsches Signal zur Unzeit

Auf der ISN-Mitgliederversammlung am 14.06.2022 machte Geschäftsführer Dr. Torsten Staack auf den dramatischen Strukturbruch in der deutschen Schweinehaltung aufmerksam. ©ISN

Auf der ISN-Mitgliederversammlung am 14.06.2022 machte Geschäftsführer Dr. Torsten Staack auf den dramatischen Strukturbruch in der deutschen Schweinehaltung aufmerksam. ©ISN

Der Schweinemarkt in Deutschland befindet sich seit über 2 Jahren in einer anhaltenden Vielfachkrise. Die Folge: Das Lebendangebot ist stark rückläufig und die vorläufigen Ergebnisse der Mai-Viehzählung zeigen weitere besonders hohe Rückgänge insbesondere bei der Zahl der Sauenhalter und Sauen. Dennoch gibt es Preisdruck von Seiten der Handelsunternehmen, die wiederum auf den überversorgten Weltmarkt verweisen.

ISN: Auch wenn die Absätze schwächeln, der Preisdruck am deutschen Schweinemarkt ist in der jetzigen Phase absurd und frech. Hierzulande höhere Standards fordern und Tierwohlzuschläge ins Schaufenster hängen und gleichzeitig den Marktpreis mit Verweis auf den Weltmarkt drücken zu wollen, geht gar nicht und passt aus unserer Sicht nicht zusammen!

 

Am Schlachtschweinemarkt machen sich die Folgen der seit zwei Jahren anhaltenden Dauerkrise deutlich bemerkbar. Die ersten Ergebnisse der Mai-Viehzählung zeigen sowohl bei den Betrieben als auch bei den Beständen in vielen Regionen zweistellige Rückgänge. Insbesondere bei den Sauenhaltern ist ein enormer Strukturwandel zu beobachten. In den letzten 10 Jahren haben über die Hälfte der Betriebe die Sauenhaltung aufgegeben und die Ausstiegswelle rollt. Seit dem letzten Herbst trafen wieder etliche Ferkelerzeuger aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage bei gleichzeitig fehlender Perspektive die Entscheidung, die Sauen­haltung für immer einzustellen. Die Folgen am Schlachtschweinemarkt zeigen sich zeitversetzt immer sichtbarer: Das Lebendangebot nimmt spürbar ab und sorgt für eine deutliche Entlastung. Dennoch reicht die Luft heute für einen Preisanstieg nicht aus.

 


Bestände: Deutschland runter - Spanien rauf. Folge:  EU-Ware drückt auf den deutschen Markt.

Bestände: Deutschland runter - Spanien rauf. Folge: EU-Ware drückt auf den deutschen Markt.

Lebendmarkt und EU-Fleischmarkt driften auseinander

Zu beobachten ist aktuell, dass der Lebendmarkt und der europäische Fleischmarkt noch immer deutlich auseinanderlaufen. Durch die stockenden Drittlandsexporte in Länder außerhalb der EU sowie durch die hohe Inflationsrate verbunden mit den Veränderungen im Einkaufsverhalten der Verbraucher ist der europäische Fleischmarkt noch ausreichend versorgt. So hat zum Beispiel Spanien von Januar bis März 2022 ca. 50.000 t mehr Schweinefleisch erzeugt als im Vorjahreszeitraum und dabei im gleichen Zeitraum aber ca. 200.000 t Schweinefleisch weniger in Drittländer verkauft. Hierdurch muss also eine zusätzliche Menge an Schweinefleisch von ca. 250.000 t auf dem EU-Markt abgesetzt werden. Die ISN bekommt zunehmend Rückmeldungen, dass Fleisch-Einkäufer von Handels­unternehmen versuchen, die Situation am europäischen Fleischmarkt auszunutzen und von den Schlachtunternehmen Preisrückgänge fordern.

 

Die ISN meint:

Die Forderung der Handelsunternehmen ist frech und absurd!, kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack die aktuelle Diskussion um die Fleischpreise. Wer von den deutschen Tierhaltern immer höhere Standards fordert, kann bei der Bezahlung nicht auf die Preise am Weltmarkt verweisen! Es ist absurd, wenn man Zuschläge für höhere Haltungsformen ins Schaufenster stellt und gleichzeitig massiven Preisdruck auf den Basispreis ausübt. Das ist so, als würde man eine Luxuslimousine fordern, aber nur einen Kleinwagen bezahlen wollen - einfach nur dreist!, kritisiert Staack.

Das Angebot an deutscher Ware, insbesondere 5 x D, ist rückläufig und das wird in den kommenden Wochen noch spürbarer sein. Dementsprechend sind Forderungen nach Preisrück­gängen mit Verweis auf den Weltmarkt derzeit völlig deplatziert und gehen am Marktgeschehen hierzulande vorbei! Unternehmen, die jetzt Preisrückgänge fordern, um ihre Konzernbilanz zu retten, die tun das auf dem Rücken der Bauern. Das hat mit Nachhaltigkeit, die sich viele doch so gerne auf die Fahnen schreiben, nichts zu tun!, so Staack.


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