27.06.2022rss_feed

Viehzählungsergebnisse: Niedrigster Schweinebestand seit über 30 Jahren – Riesige Ausstiegswelle rollt

Der Schweinebestand in Deutschland ist in den letzten 10 Jahren um über 20 % zurückgegangen - Die Anzahl schweinehaltender Betriebe hat sich in dem Zeitraum fast halbiert © ISN nach Destatis

Der Schweinebestand in Deutschland ist in den letzten 10 Jahren um über 20 % zurückgegangen - Die Anzahl schweinehaltender Betriebe hat sich in dem Zeitraum fast halbiert © ISN nach Destatis

Die ersten Viehzählungsergebnisse der einzelnen Bundesländer haben bereits in den letzten Tagen die dramatische Entwicklung angedeutet, die jetzt durch die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes bestätigt wurde: der Schweinebestand in Deutschland ist weiter massiv gesunken und auch die Anzahl der schweinehaltenden Betriebe geht weiter dramatisch zurück. Zum Stichtag 03. Mai 2022 wurden insgesamt 22,3 Mio. Schweine gehalten, 6,2% weniger als noch vor einem halben Jahr. Der Schweinebestand in Deutschland ist damit auf dem niedrigsten Stand seit über 30 Jahren. Die Zahl der schweinehaltenden Betriebe hat sich in den letzten 10 Jahren fast halbiert.

ISN: Auch wenn die Zahlen bereits erwartet wurden, sind sie doch erschreckend. Eine riesige Ausstiegswelle rollt. Kein Wunder, denn die deutschen Schweinehalter erleben eine in diesem Ausmaß noch nie dagewesene Vielfachkrise. Nur auskömmliche Preise für Ferkel und Mastschweine und ein Auflagenmoratorium können die dramatische Entwicklung noch abschwächen.

 

Nach den heute vom Statistischen Bundesamt (Destatis) veröffentlichten vorläufigen Ergebnisse der Erhebung über die Schweinebestände ist der Schweinebestand in Deutschland zum Stichtag 3. Mai 2022 erneut deutlich gesunken und befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit der deutschen Wiedervereinigung 1990 – also seit über 30 Jahren. Insgesamt werden derzeit 22,3 Mio. Schweine gehalten, das sind gegenüber der Viehbestandserhebung zum Stichtag 3. November 2021 6,2 % oder 1,48 Mio. Tiere weniger. Wie Destatis mitteilt, ist das der dritte deutliche Rückgang in Folge. Verglichen mit dem Vorjahreswert vom 3. Mai 2021 ist der Bestand um 9,8 % oder 2,42 Mio. Tiere zurückgegangen.

 


Der Sauenbestand in Deutschland ist innerhalb von einem Jahr um 9,3 % bzw. über 150.000 Tiere zurückgegangen. ©ISN nach Destatis

Der Sauenbestand in Deutschland ist innerhalb von einem Jahr um 9,3 % bzw. über 150.000 Tiere zurückgegangen. ©ISN nach Destatis

150.000 Sauen weniger in nur einem Jahr

In der Pressemitteilung von Destatis zeichnet sich für die einzelnen Tierkategorien beziehungsweise Gewichtsklassen folgendes Bild: Zum Stichtag 3. Mai 2022 wurden 10,3 Mio. Mastschweine in Deutschland gehalten, das waren 8,7 % bzw. 983.300 Tiere weniger als noch ein Jahr zuvor. Auch die Zahl der Jungschweine bis unter 50 Kilogramm Lebendgewicht ging binnen Jahresfrist deutlich um 16 % (711.700 Tiere) auf 3,8 Mio. Tiere zurück. Die Zahl der Zuchtsauen verringerte sich im Vergleich zu Mai 2021 um 9,3 % bzw. 152.900 auf 1,48 Mio. Tiere. Am 3. Mai 2022 wurden insgesamt 6,8 Mio. Ferkel gehalten, das sind 7,6 % bzw. 559.700 weniger im Vorjahresvergleich.

 

 

 


Innerhalb von einem Jahr ist die Anzahl der Schweinehalter in Deutschland um fast 10 % zurückgegangen. ©ISN nach Destatis

Innerhalb von einem Jahr ist die Anzahl der Schweinehalter in Deutschland um fast 10 % zurückgegangen. ©ISN nach Destatis

Knapp 10% weniger Schweinehalter als vor einem Jahr

Nicht nur der Schweinebestand ist rückläufig, auch immer mehr Schweinehalter geben ihren Betrieb auf. Zum 3. Mai 2022 gab es 17.900 schweinehaltende Betriebe. Das waren 5,2 % oder 1.000 Betriebe weniger als noch im November 2021. Der deutsche Schweinebestand ging damit im vergangenen Halbjahr prozentual stärker zurück als die Zahl der Betriebe. Im Vergleich zum Vorjahr lag der Rückgang der schweinehaltenden Betriebe bei 9,6 % (1.900 Betriebe).

 

Zahl der schweinehaltenden Betriebe im Zehnjahresvergleich um 41 % gesunken

Auch der Zehnjahresvergleich zeigt die abnehmenden Tendenzen bei den gehaltenen Schweinen und Betrieben: Die Zahl der Schweine sank seit 2012 um 20,8 % oder 5,8 Mio. Tiere, während die Zahl der Betriebe sogar um 41,0 % (12 .00 Betriebe) abnahm. Da die Zahl der Betriebe stärker abnahm als die Zahl der gehaltenen Schweine, erhöhte sich der durchschnittliche Schweinebestand in den vergangenen zehn Jahren von 929 auf 1.248 Schweine je Betrieb.

 

Fazit

Destatis zieht als Fazit aus den heute veröffentlichten Zahlen, dass sowohl im letzten halben Jahr die Anzahl der schweinehaltenden Betriebe als auch die Zahl der gehaltenen Schweine stark zurückgegangen ist. Trotz der zuletzt deutlich gestiegenen Preise für Schlachtschweine bleibe die wirtschaftliche Lage vieler landwirtschaftlicher Betriebe unter anderem aufgrund von gesteigerten Energie-, Düngemittel- und Futtermittelkosten und damit höheren Produktionskosten weiterhin schwierig.

 

Die ISN meint:

Die ersten vorläufigen Ergebnisse der Mai-Viehzählung aus einzelnen Bundesländern haben es bereits angedeutet, jetzt liegen die Zahlen für ganz Deutschland schwarz auf weiß auf dem Tisch und beweisen, wovor wir in den letzten Monaten immer wieder gewarnt haben: Eine riesige Ausstiegswelle in der Schweinehaltung rollt. Die Zahlen sind erschreckend und doch leider wenig verwunderlich. Immerhin befinden sich die deutschen Schweinehalter seit über zwei Jahren in einer noch nie dagewesenen Multikrise, kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack die aktuellen Zahlen.

Hohe finanzielle Verluste gepaart mit mangelnder Perspektive und Planungssicherheit, dazu immer neue Auflagen, die zu allem Überfluss zum Teil im Alleingang in Deutschland umgesetzt werden, zwingen die Betriebe regelrecht in die Knie. Das prekäre daran: gleichzeitig stocken Schweinehalter in anderen EU-Staaten, wie Spanien, immer weiter auf. Die Politik muss endlich handeln, schon aus Gründen des Tierwohls, des Klimaschutzes, der Eigenversorgung und der Nachhaltigkeit, muss die Verlagerung ins Ausland gestoppt werden, fordert Staack und warnt: Die Politik stellt inzwischen unverhohlen zur Schau, dass sie den Fleischkonsum halbieren und die Tierbestände deutlich reduzieren will, doch der laufende Strukturbruch hat auch erhebliche Auswirkung auf die vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche bis hin zu den örtlichen Strukturen im ländlichen Raum. Das kann niemand wollen! Um diese dramatische Entwicklung abzuschwächen, brauchen die Schweinehalter endlich auskömmliche Preise für Ferkel und Mastschweine sowie von Seiten der Politik ein Handeln mit Augenmaß und ein Auflagenmoratorium, das weitere Nachteile im EU-Wettbewerb verhindert!


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