14.07.2016rss_feed

Nichts als Parolen – Ein Kommentar von Peter Seeger zum Dexit aus der Landwirtschaft

ISN-Beiratsmitglied Peter Seeger

ISN-Beiratsmitglied Peter Seeger

Damit hatte wohl wirklich keiner gerechnet. Die Briten haben für den Austritt aus der EU gestimmt. Aber nun wäre es das schlimmste, was man machen kann, wenn man den Willen des Volkes nicht umsetzt und den Brexit in Frage stellt. Auch wenn nun das Geschrei groß ist. Das Ergebnis ist zu respektieren.

 

Dass jetzt die jungen Leute, die mehrheitlich in der EU bleiben wollten, auf die Straßen gehen ist verständlich. Nur: Von dieser Gruppe sind auch wenige zur Wahl gegangen. Die Demokratie lebt nun einmal vom Mitmachen.

Hauptsache dagegen

Aber ist nicht gerade dies das Problem der Demokratie? Es zählen nicht unbedingt die Lösungen, die langfristig der Mehrheit der Bürger weiterhelfen. Viel wirksamer ist es, einfache Parolen raus zu hauen und erstmal dagegen zu sein.

Es ist für uns selbstverständlich, dass wir in Europa seit über 70 Jahren Frieden haben. Wir alle sind in einer Zeit der Sicherheit und des Wachstumes aufgewachsen. Daher braucht man auch dafür nicht mehr zu kämpfen, meinen viele. Dies ist ein gehöriger Trugschluss. Nach der Entscheidung verschwinden plötzlich die Wortführer. Keiner will Verantwortung für die Zukunft übernehmen. Es trennt sich die Spreu vom Weizen in dem Moment, in dem Parolen in handfeste Politik umgesetzt werden müssen. Ich hoffe, dass sich nun mehr Menschen die Inhalte der markigen Parolen der Populisten in Europa genauer anschauen.

Populisten haben sich auf Landwirtschaft eingeschossen

Nun zu den Parolen die uns Landwirte direkt betreffen: In 20 Jahren gibt es keine Massentierhaltung mehr sagt Anton Hofreiter. Hört sich erst einmal toll an. Jedoch zu welchem Preis wird nicht gesagt. Anstatt einem Stall mit 3 000 Mastschweinen sind das dann 6 Ställe mit 500 Plätzen und Auslauf? Jetzt mal von den Erschließungs- und Baukosten abgesehen, kann ich mir das in meiner Heimatgemeinde alleine von der Anzahl der Standorte in der Flur nicht vorstellen. Wir brauchen dann ja auch noch 40 Ställe mit 1 000 Hähnchen für einen bisherigen Hähnchenmaststall. Und ein paar Legehennen und Kühe bedarf es natürlich auch.

Wir verbieten jedes Pflanzenschutzmittel, das nur die geringste Toxizität aufweist. Das ist doch mal wirklich gelebter Verbraucherschutz. Kein Problem, Getreide können wir doch auch aus anderen Ländern Importieren, wenn bei uns die Mengen oder die Qualitäten nicht passen.

Aus den Erfahrungen mit EEG lernen

Für mich ist das der Dexit aus der Landwirtschaft. Bei uns haben sich einige Populisten auf die Landwirtschaft eingeschossen. Sie erzählen den Verbrauchern nicht die gesamte Wahrheit und lassen sie über die Folgen im Unklaren. Dabei ist die Preissteigerung von Lebensmitteln noch die geringste Auswirkung. Wir haben doch alle die Erfahrung mit EEG und Ökostrom gemacht. Vor 15 Jahren hat uns auch keiner erzählt, dass wir einmal 25 Mrd. € pro Jahr bezahlen werden, in jedem Dorf 5 Windräder stehen und neue riesige Stromtrassen gebaut werden müssen. Scheinbar gute Ideen mit markanten Parolen verpackt, machen den Wähler blind für alle Folgen der Entscheidungen.

Wo sind die Unternehmer mit wirklich guten Konzepten? Die Medien, die ein Thema von mehreren Seiten beleuchten und nicht immer dem Mainstream hinterherlaufen? Die Wissenschaftler, die nicht nur versuchen die Ideologischen Fördertöpfe abzugreifen, sondern frei forschen wollen? Die Konsumenten, die das Kaufen, was sie in den Umfragen angeben? Und wo sind die Wähler, die die politischen Ideen und Konzepte kritisch hinterfragen?

 

Der Kommentar ist erschienen im Blog agrarspitzen auf agrarzeitung | online

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