18.05.2021rss_feed

Kritik und Zuspruch bei Bundestagsanhörung für Grünen-Gesetzentwurf über härtere Bestrafung von Tierschutz-Vergehen

©Deutscher Bundestag/Neumann

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In der gestrigen Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft zum Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Tierschutzgesetzes stieß der Vorstoß der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Zuspruch aber auch Kritik. Die Fraktion will eine härtere und häufigere Bestrafung von Tierschutz-Vergehen erreichen.

 

Gestern befragte der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft des Deutschen Bundestages unter der Leitung von Alois Gerig (CDU) verschiedene Sachverständige zum Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuches und des Tierschutzgesetzes. Der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegte Gesetzentwurf sieht eine härtere und häufigere Bestrafung von Tierschutz-Vergehen vor. Unter anderem soll § 17 des Tierschutzgesetzes in das Kernstrafrecht überführt werden, damit das Tierschutzgesetz und sein Vollzug dem Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz gerecht würden. Die Fraktion kritisiert erhebliche Kontrolldefizite sowie Vollzugsdefizite bei der Ahndung entdeckter Tierschutzstraftaten und zu geringe Strafandrohungen.

Zum Vorstoß der Fraktion wurden mehrere Sachverständige angehört, die zu keinem gemeinsamen Konsens kamen. Wie der Deutsche Bundestag in den Parlamentsnachrichten mitteilte, begrüßte ein Teil der Sachverständigen den vor der Fraktion vorgelegten Gesetzentwurf als wichtigen Schritt, um Lücken im Tierschutzstrafrecht zu schließen. Andere zweifelten jedoch den praktischen Nutzen an und verwiesen auf strukturelle Ursachen für bestehende Defizite.

 

Gesetzentwurf als Signal an Öffentlichkeit und Justiz

Zuspruch bekam der Gesetzentwurf von Kai Braunmiller von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene, Tierschutz und Verbraucherschutz. Um Kontrolle und Vollzug zu verbessern, plädierte der Fachtierarzt für die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften in den Ländern und Tierschutzrecht-Schulungen für Staatsanwälte. Mehr geschultes Personal im Bereich der Tierschutzüberwachung und Strafverfolgung forderte auch die Bundestierärztekammer und begrüßte die Gesetzesinitiative der Grünen. Elisa Marie Hoven, Professorin für deutsches und ausländisches Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Leipzig, erklärte, der Vorstoß der Grünen sei äußerst begrüßenswert und setze ein klares Signal an Öffentlichkeit und Justiz, dass der Tierschutz ernst genommen wird, so Hoven.

 

Kritik am praktischen Nutzen

Sven Herzog, Professor für Wildökologie und Jagdwirtschaft an der Technischen Universität Dresden, monierte eine mangelnde Zielgenauigkeit einzelner Formulierungen: So werde in der Praxis nicht einfach zu klären sein, ab wann man es mit leichtfertiger und versuchter Tierquälerei zu tun habe, gab Herzog zu bedenken. Der Jurist Walter Scheuerl zog in Zweifel, ob es einer Gesetzesänderung überhaupt bedürfe. Effizienter ließen sich mögliche Vollzugsdefizite durch eine bessere Ausstattung der Veterinärämter beheben.
Auch Christine Bothmann, Vizepräsidentin des Bundesverbands der verbeamteten Tierärzte, erklärte, härtere strafrechtliche Regelungen auf dem Papier würden dem Anliegen, den Tierschutz in der Praxis zu stärken nicht gerecht. Sie forderte keine zusätzliche Be- sondern eine Entlastung der Vollzugsorgane.
Oberstaatsanwalt Dirk Bredemeier, Leiter der Zentralstelle für Landwirtschaftssachen in Oldenburg, kritisierte zudem, es mangele dem Entwurf an einer klaren Differenzierung zwischen privaten und gewerblichen agierenden Tierhaltern und warnte vor einer nicht abzuschätzenden Zahl von Ermittlungsverfahren gegenüber Bürgern.
Michael Kubiciel, Professor für deutsches, europäisches und internationales Straf- und Strafprozessrecht an der Universität Augsburg, riet sogar von einer Verschiebung von Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes in das Strafgesetzbuch ab und bezeichnetet die Verschiebung als nicht notwendig. Regionale Vollzugsdefizite sah der Experte strukturell bedingt: Eine Verschiebung eines Straftatbestandes von einem Gesetzestext in den anderen ändert daran nichts.


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