Keine weiteren Marktverwerfungen durch ASP bei Hausschweinen – Markt läuft dennoch nicht rund, Preise weiter im Keller
Nach den Funden der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in deutschen Hausschweinebeständen blieben weitere Marktverwerfungen aus. Die Notierung der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) blieb heute stabil bei 1,42 €/kg SG.
ISN meint: Auch wenn der Schweinepreis in dieser Woche erwartungsgemäß stabil bleibt, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Verluste der Schweinehalter bei diesem Preisniveau ohnehin schon enorm sind. ASP hat die globale Schweineproduktion weiterhin im Würgegriff. Die Preispolitik der abnehmenden Seite hierzulande muss sich dennoch ändern. Wer morgen Haltungsstufe 3 und 4 fordert, muss heute 1 und 2 ordentlich bezahlen!
Am vergangenen Freitag wurde die ASP zum ersten Mal in Hausschweinebeständen in Deutschland nachgewiesen – ein Schock für alle deutschen Schweinehalter. Schwerwiegende Verwerfungen am Schweinemarkt blieben aber erwartungsgemäß aus. Der Hauptgrund dafür: Der Export von deutschem Schweinefleisch in die wichtigsten Drittländer ist ohnehin schon seit September 2020 gesperrt, als die ASP bei Wildschweinen in Deutschland festgestellt wurde. Von den noch freien Ländern hat bisher keines wegen der jüngsten ASP-Fälle im Hausschweinebestand eine neue Sperre ausgesprochen. Auch auf europäischer Ebene ändert sich nichts für den Handel mit deutschem Schweinefleisch, denn das Regionalisierungsprinzip gilt nach wie vor.
Das Schlachtschweineangebot befindet sich auf dem niedrigsten Niveau seit 2007. Auch saisonal ist momentan der Tiefpunkt erreicht. Trotzdem werden den Schweinehaltern Preise gezahlt, die weit unter der Kostendeckung liegen.
Niedriges Angebot wirkt stabilisierend
In den ersten Tagen nach den Funden war zunächst etwas Unsicherheit zu spüren, Panikreaktionen der Schweinehalter sind allerdings ausgeblieben. Auf Seite der Schlachtunternehmen wurden vereinzelt Forderungen nach Preisrückgängen laut, letztlich konnte die VEZG die Notierung jedoch stabil bei 1,42 €/kg SG halten. Stabilisierend wirkt dabei das derzeit geringe Angebot an schlachtreifen Schweinen aus, das sich auf einem langjährigen Tiefpunkt befindet. Die Schlachtzahlen der letzten fünf Wochen lagen mehr als 7 % niedriger als vor zwei Jahren (die Zahlen aus dem letzten Jahr sind wegen des Schweinestaus nicht vergleichbar). Seit 2007 hat es am deutschen Schweinemarkt kein so geringes Angebot an Schlachtschweinen gegeben wie derzeit.
EU-Fleischmarkt weiter unter Druck
So gelangte der Schweinemarkt in den letzten Tagen schnell wieder in die Bahnen wie vor dem ASP-Fund bei Hausschweinen. Damit ist die Welt allerdings nicht wieder in Ordnung – ganz im Gegenteil. Denn schon vorher lief der Schweinemarkt alles andere als rund. Hauptproblem war und ist die schwache Nachfrage aus China, die exportorientierten Nationen wie Spanien, aber auch Dänemark, Niederlande und Frankreich zu schaffen macht. Das Fleischangebot muss nun auf dem EU-Binnenmarkt untergebracht werden und übt damit auch Druck auf die deutschen Fleischverkäufer aus.
Riesige Verluste für Schweinehalter
Der entstehende Preisdruck überträgt sich seit Wochen auch auf den deutschen Schweinemarkt – mit der Folge, dass sich der Schweinepreis seit langem auf einem für die Erzeuger ruinösen Niveau befindet. Beim aktuellen Schweinepreis von 1,42 €/kg SG und zugleich stark angestiegenen Kosten, z. B. für Futter, verlieren die deutschen Schweinehalter derzeit mehr als 30-40 Euro an jedem Schwein. Auch in der Ferkelerzeugung sind die Preise katastrophal. Das Preisniveau von 36,00 € liegt weit entfernt von einer kostendeckenden Ferkelerzeugung. Zudem ist der Druck auf den Ferkelpreis aktuell besonders groß, weil die Einstallbereitschaft insbesondere seit dem Fund der ASP in deutschen Hausschweinebeständen sehr zu wünschen übrig lässt.
Schweinefleischnachfrage auf niedrigem Niveau – Nur vage Hoffnungen auf Besserung
In der aktuellen Situation fällt es schwer, die positiven Aspekte am Schweinemarkt zu finden. Wegen der Corona-Pandemie befindet sich der Konsum im Außer-Haus-Bereich weiter auf einem niedrigen Niveau, auch die Urlaubssaison scheint bisher nur wenig daran ändern. Das Schlachtunternehmen Tönnies hofft zumindest durch den Wegfall einiger Corona-Beschränkungen im In- und Ausland auf leichte positive Impulse. Hinsichtlich der Exportsituation von europäischem Fleisch in Drittländer ist immerhin aus Dänemark von Lars Albertsen, Global Sales Director bei Danish Crown Pork, zu hören, dass sich die Situation zu verbessern scheint. Nach Japan und ins übrige Asien sollen sich die Exporte auf einem stabilen Niveau befinden, die Nachfrage aus China sei aber weiterhin ruhig.
Ab dem Spätsommer könnte die chinesische Nachfrage dann saisonal wieder etwas anziehen. Der Preisverfall in China scheint gestoppt, zuletzt waren wieder leichte Preissteigerungen zu beobachten – auch durch Unterstützung der Regierung, welche am 07. Juli 20.000 t Schweinefleisch und am 14.Juli weitere 14.000 t für die staatlichen Reserven kaufte. Ein Sprecher der chinesischen Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) teilte mit, dass die Behörden wegen geringeren Schlachtmengen im Juli und August weiter leicht steigende Preise erwarten.
Die ASP-Situation in China bleibt angespannt, wie auch Xin Guochang vom chinesischen Landwirtschaftsministerium der Nachrichtenagentur reuters mitteilte. Trotz des schnellen Wiederaufbaus der chinesischen Schweinebestände dürften weiter große Importmengen benötigt werden. So schätzt auch das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium USDA den Importbedarf Chinas für 2021 auf 5 Mio. t. Das wäre nur ein kleiner Rückgang der Importmengen von etwa 5 % im Vergleich zum Vorjahr. Daher gibt es aktuell durchaus Hoffnungen, dass die Chinesen mittelfristig wieder größere Mengen aus Europa ordern. Für den europäischen Binnenmarkt könnten diese Exportmöglichkeiten dann etwas Entlastung bringen.
Die ISN meint:
Dass der Schweinepreis in dieser Woche immerhin stabil gehalten werden konnte, hatten wir erwartet. Alles andere wäre auch völlig unangemessen gewesen, denn grundsätzlich hat sich die Marktsituation der deutschen Schweinehalter durch den ASP-Fund bei Hausschweinen nicht gravierend geändert. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die deutschen Schweinehalter seit vielen Monaten in einer katastrophalen wirtschaftlichen Lage befinden. Obwohl das Angebot an Schlachtschweinen drastisch reduziert wurde und sich auf dem tiefsten Stand seit 2007 befindet, haben wir Preise, die nicht einmal annähernd an eine Kostendeckung herankommen. Die Verluste auf den schweinehaltenden Betrieben sind enorm, während der LEH Rekordgewinne einfährt und auch die Jahresergebnisse einiger Schlachtunternehmen andeuten, dass sie nicht so schlecht durch die Krise gekommen sind. Seit Monaten werden die Preise unverhältnismäßig stark gedrückt. Die abnehmende Seite muss ihre Preispolitik schleunigst ändern, sonst gibt es auf Sicht schlicht keine heimische Landwirtschaft mehr. Gerade auch den Lebensmitteleinzelhändlern kommt in dieser Situation eine besondere Verantwortung zu, denn ihnen sollte klar sein, dass ihre Haltungsversprechen
nicht ohne die heimischen Schweinehalter erreicht werden können! Wir bleiben dabei: Wer morgen Haltungsstufe 3 und 4 fordert, muss heute 1 und 2 ordentlich bezahlen!