Junge ISN in Ungarn und Kroatien - Zwischen Großkonzern und extensiver Haltung
Schweineproduktion in Südosteuropa – das war das diesjährige Motto der Exkursion der Jungen ISN. Mit dabei waren rund 35 Junge ISN-Mitglieder zwischen 18 und 30 Jahren.
Auf der Agenda standen einige Stationen: Sightseeing bei traumhaftem Wetter in Budapest, ein Tag mit Besichtigung mehrerer Betriebsstandorte des größten Lebensmittelproduzenten Südosteuropas, Agrokor, ein Tag bei den Turopolje Schweinen in der Nähe von Zagreb sowie der Besuch beim größten Ackerbaubetrieb Ungarns.
Der Mastbetrieb verfügt über ein ausgefeiltes Hygienekonzept- Vor betreten des Betriebsgeländes desinfizierten wir unsere Hände und Schuhe und zogen Einweg-Overalls und Plastikschuhe über.
Agrokor – der größte Lebensmittelproduzent Südosteuropas
Zum Konzern Agrokor gehören mehrere Firmen. Unter anderem eine Supermarktkette Konzum
, die Firma Belje, die Schweinefleisch, Rindfleisch, Milchprodukte und Wein produziert und die Firma Vupik, zu der 6500 ha Acker- und Gemüseanbau sowie zwei Sauenbetriebe mit Ferkelaufzucht gehören. Wir besuchten die Firma Vupik in Vukovar, nahe der serbischen Grenze in Kroatien. Empfangen wurden wir mit einem festlichen Begrüßungsmahl mit Wurstsorten, Wein und Schnaps aus eigener Produktion. Danach fuhren wir zu einem der Sauenställe der Firma, wo 2100 Sauen gehalten werden. Besichtigen konnten wir diesen Stall zwar nicht, dafür waren wir aber nachmittags in einem Maststall, der über einen Besuchergang mit Fenstern über den Schweinen verfügte.
Insgesamt war es eine Herausforderung die komplexen Firmenstrukturen zu verstehen. Herr Velimir Sili, der Leiter der gesamten Schweineproduktion der Firma Belje und somit auch zuständig für die Farmen der Firma Vupik, erklärte uns das Konzept: Die Schweineproduktion läuft in einem großen geschlossenen System. Der Konzern verfügt über zwei eigene Nukleusbetriebe, die, für die angeschlossenen Sauenbetriebe Jungsauen produzieren. Gearbeitet wird ausschließlich mit PIC Genetik. Die Produktionskennzahlen der insgesamt neun Sauen- und sieben Mastbetriebe des Konzerns sind ansehnlich: Ø 12,23 abgesetzte Ferkel pro Wurf bei Ø 2,36 Würfen pro Jahr. Das macht 28,87 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr. Die Mastschweine nehmen pro Tag Ø 875 g zu, bei einer Futterwertung von 1: 2,74.
Wir vergleichen unsere Zahlen mit großen Betrieben in Dänemark und Deutschland
, zu diesem Zweck reiste Herr Sili schon nach Dänemark und Norddeutschland und nahm dort an Arbeitskreisen teil.
Insgesamt werden an den verschiedenen Standorten 15850 Sauen gehalten und jährlich 403000 Mastschweine pro Jahr produziert. Etwa 20 % der Ferkel werden von Mästern in Kooperation gemästet und dann auch bei Agrokor geschlachtet. Der Preis orientiert sich an der deutschen VEZG Notierung, bezahlt wird aber rein nach Gewicht.
Kontrastprogramm Turopolje- Schweinemast im Wald
Wir besuchten am nächsten Tag eine traditionelle Bruderschaft in der Region Turopolje, die eine historische Rasse, die Turopolje Schweine, erhalten und züchten. Der Bruderschaft gehören rund 130 Schweine, die in einem eingezäunten Wald auf 200 ha Fläche leben. Sie ernähren sich von dem, was sie im Wald finden und werden mit Mais und Getreide zugefüttert. Die Vorsitzenden der Bruderschaft haben sich zur Aufgabe gemacht, die Rasse zu schützen und eine Vermarktung für das besondere Fleisch aufzubauen. Helfen soll ein internationales wissenschaftliches Projekt namens Treasure
. Das landwirtschaftliche Institut der Universität Zagreb betreut im Rahmen des Projekts den Bestand der Turopolje Schweine. Ziel ist es, das Management zu verbessern und eine Vermarktung des Fleisches aufzubauen. Im Fokus steht eine Optimierung der Fütterung und des Managements bezüglich der Anpaarung, zudem muss ein Hygienekonzept entwickelt werden. Das internationale Projekt beschäftigt sich mit 20 historischen Rassen aus insgesamt 9 Nationen. Auch Deutschland ist im Projekt mit dem Schwäbisch-Hällischen Schwein dabei.
Bei einem Besuch des historischen Schlosses der Turopolje Bruderschaft durften wir auch das köstliche Fleisch der Schweine verkosten. Eine große Schinkenkeule mit breiter Speckauflage war extra für uns angeschnitten worden.
Größter Ackerbaubetrieb Ungarns
Der letzte Tag unserer Südosteuropa Exkursion führte uns von Kroatien wieder nach Ungarn, wo wir den größten Ackerbaubetrieb des Landes in Oszkó besuchten. Unglaubliche 10 000 ha besitzt Herr Balázs selbst, 25 000 ha bewirtschaftet er als Lohnunternehmer noch zusätzlich. Seit den 1980er Jahren investiert er in seinen Betrieb und wächst seitdem kontinuierlich. Rund 100 Festangestellte arbeiten im Betrieb.
Zu Beginn der Führung über den Betriebsstandort besichtigten wir einen umgebauten Schweinestall. Herr Balázs öffnete kommentarlos das Tor und zum Vorschein kam eine Schneidwerksgarage, die ihresgleichen sucht. Zeig mir deine Schneidwerkgarage und ich sage Dir, wer Du bist
kommentierte einer der Teilnehmer den Anblick.
Der schmale Erntezeitraum von etwa 40 Tagen im Sommer, in denen neben Raps und Getreide auch Körnermais geerntet werden muss, veranlasst ihn dazu, alle Maschinen vor der Saison auf Vordermann zu bringen. Sie müssen während der Ernte 24h im Einsatz sein. Der beeindruckende Fuhrpark umfasst 20 Mähdrescher, 7 Häcksler und 45 Schlepper. Turnusmäßig werden alle 4 Jahre neue Maschinen – wohlgemerkt aus Eigenkapital – angeschafft. Ein Drescher drischt bis zu 2400 ha pro Ernte.
Sein Imperium führt er ohne Zettel und Stift, auch ein Smartphone sucht man bei ihm vergeblich: Wenn ich mir Dinge aufschreiben müsste, würde das zu lange dauern. Ich mache die Disposition der Maschinen, die Einteilung der Leute und den Handel komplett selbst. Ich habe alles im Kopf.
Ungarn und Kroatien – Landwirtschaft mit immensem Bürokratieaufwand
Wir erfuhren auch, dass die ungarische Regierung alles daran setzt, dass ausländische Investoren nicht die landwirtschaftlichen Flächen aufkaufen können. Daher gibt es einen enormen Bürokratieaufwand, wenn man Fläche kaufen will. Generell dürfen ausländische Bieter nicht mehr als 300 ha Land pro Person kaufen. Zudem muss jeder ausgehandelte Kaufvertrag vor Abwicklung öffentlich ausgehängt werden. Dies führt dazu, dass jemand anders sich melden kann und selbst Anspruch auf die zu verkaufenden Flächen erhebt und der geplante Kauf wieder platzt.
Auch der Spaß darf nicht zu kurz kommen
Neben den fachlichen Programmpunkten gab es natürlich auch noch ein Rahmenprogramm, was den Spaß an der Exkursion garantiert hat. Dabei haben wir Budapester Ruinenkneipen besucht, den Weinkeller von Belje besichtigt und die Weine natürlich auch verkostet. Außerdem haben wir eine Firma besucht, die Palinka, den für Ungarn typischen Schnaps, herstellt.
Definitiv eine Reise wert…
Ungarn und Kroatien sind zwei wunderschöne Länder, in denen Landwirtschaft die bedeutendste wirtschaftliche Kraft darstellt. Obgleich Schweinehaltung eine vergleichsweise geringe Rolle in diesen Ländern spielt, konnten wir einen Großkonzern mit rund 400 000 produzierten Mastschweinen pro Jahr und im Kontrast dazu eine historische Schweinrasse, die Turopolje-Schweine besuchen. Neben dem traumhaften Wetter machte auch die besondere Gastfreundschaft der Ungaren und Kroaten unsere Reise zu einem großartigen Erlebnis.