21.08.2018rss_feed

ISN-Umfrage: Deutsche Ferkelerzeuger steigen aus

Über die Hälfte der deutschen Sauenhalter will in den nächsten zehn Jahren aufgeben

Über die Hälfte der deutschen Sauenhalter will in den nächsten zehn Jahren aufgeben

Über die Hälfte der deutschen Sauenhalter will in den nächsten zehn Jahren aufgeben, nur 12 Prozent wollen noch die Sauenhaltung ausbauen. Besonders die Auflagenflut macht den Ferkelerzeugern zu schaffen. Die ISN-Umfrage zur Sauenhaltung macht den Ernst der Lage deutlich. ISN: Die Politik muss jetzt schnellstens umsetzbare Lösungen liefern und für Planungssicherheit und Perspektive für Ferkelerzeuger sorgen.

 

Sehr gute Beteiligung an der Umfrage

Die deutsche Ferkelerzeugung bricht unter der Auflagenflut zusammen. Das ist eines der zentralen Ergebnisse der aktuellen ISN-Umfrage zur Zukunft der Sauenhaltung, die heute in Osnabrück der Presse vorgestellt wurde. 645 Ferkelerzeuger von unter 20 bis mehereren tausend Sauen – im Mittel 379 haben bis Ende Juli an der Umfrage teilgenommen. Somit umfasst die Umfrage rund 13 Prozent der deutschen Sauenhaltung. Der Löwenanteil der Betriebe kommt aus Niedersachsen (239 Betriebe) und Nordrhein-Westfalen (190 Betriebe). Aber auch aus dem Süden der Republik sind 148 Betriebe dabei. Allein schon diese sehr gute Beteiligung der Ferkelerzeuger unter Angabe von Namen und Kontaktdaten an der Umfrage, macht die aktuelle Betroffenheit in diesem Betriebszweig deutlich.


Je kleiner der Betrieb, desto eher denkt er ans Aufgeben

Je kleiner der Betrieb, desto eher denkt er ans Aufgeben

52 % der Ferkelerzeuger wollen aussteigen

Über die Hälfte der deutschen Sauenhalter (52,1 %) denkt in den nächsten zehn Jahren ans Aufgeben. Bei etwa jedem sechsten befragten Betrieb steht der Ausstieg bereits innerhalb der kommenden zwei Jahre bevor. Noch drastischer sind die Zahlen aus dem Süden Deutschlands: Demzufolge will in den südlichen Bundesländern fast jeder dritte Sauenhalter in den kommenden zwei Jahren aussteigen; langfristig rund 60 %. Ähnlich deutlich ist die Situation auch ganz im Norden, in Schleswig-Holstein. Noch drastischer einzuschätzen ist die Lage vor dem Hintergrund, dass die an der Umfrage teilgenommenen Betriebe im Mittel mit 379 Sauen deutlich größer sind das Mittel der deutschen Sauenhaltungen (227 Sauen). Das heißt, auch die tatsächliche Ausstiegsrate dürfte noch höher sein.

 

Besonders die kleineren Ferkelerzeuger betroffen

Denn die Umfrageergebnisse zeigen auch: Je kleiner der Betrieb, desto eher denkt er ans Aufgeben. Bei Betrieben mit bis zu 150 Sauen planen 84,6 % den Ausstieg, circa 38 % innerhalb der kommenden zwei Jahre und 20,6 % in den nächsten fünf Jahren. In der Größenklasse ab 600 Sauen gaben dagegen über 79 % an, die Sauenhaltung fortführen zu wollen bzw. aufgrund der getätigten Investitionen auch fortführen zu müssen.


Als Hauptgrund für die geplante Aufgabe der Sauenhaltung wurde die Summe der Auflagen (73,5 Prozent) genannt

Als Hauptgrund für die geplante Aufgabe der Sauenhaltung wurde die Summe der Auflagen (73,5 Prozent) genannt

Auch die Sauenzahl schrumpft

Lediglich 12 % der befragten Betriebe gaben an, in den kommenden zehn Jahren die Sauenhaltung im Betrieb ausbauen zu wollen. Konkret die Sauenzahl ausdehnen wollen nur ca. 7 % der Betriebe. In der Tendenz sind es auch hier eher die größeren Betriebe, die in die Sauenhaltung investieren wollen.

Beabsichtigte Investitionen in die Sauen bzw. in die Schweinehaltung sind im überwiegenden Teil in zwei Bereichen geplant. Zum einen sind das notwendig werdende Anpassungsmaßnahmen im Deckzentrum und im Abferkelbereich bei jeweils um 16 % der Betriebe. Zum anderen ist auffällig, dass immerhin ein Anteil der befragten Sauenhalter von 15,5 % beabsichtigt, in die Schweinemast zu investieren und somit eine Verlagerung innerhalb der Schweinehaltung von der Ferkelerzeugung bis hin zur Schweinemast stattfindet.

Aus den Berechnungen zur Umfrage ergibt sich, dass durch die Halbierung der Zahl der Ferkelerzeuger und durch die geringe Investitionsbereitschaft zukünftig etwa 20 bis 25 % weniger Sauen in diesen Betrieben gehalten werden. Würde man das auf Deutschland übertragen, folgt daraus: Um die zukünftig fehlenden Ferkel auszugleichen, müssten sich die Ferkelimporte auf deutlich über 20 Mio. verdoppeln.

 

Hauptgrund für geplante Aufgaben: Summe der Auflagen

Als Hauptgründe für die geplante Aufgabe der Sauenhaltung geben die deutschen Sauenhalter am häufigsten die Summe der Auflagen (73,5 Prozent) an. Danach nennt rund die Hälfte der Befragten mindestens eine der in der politischen Diskussion stehenden Vorgaben für die Ferkelerzeuger: Abferkelung, Kastration und Vorgaben zum Kupieren. Danach folgen fehlende Perspektive (50,3 Prozent) und die gesellschaftliche Stimmung (47,9 Prozent). Ökonomische Gründe wurden nur zu 22,3 Prozent genannt.


Die ISN meint:

Die Zahlen der Umfrage sind deutlich. Die Sauenhaltung in Deutschland bricht weg. Während schon in der Vergangenheit ein erheblicher Teil der Sauenhalter aufgegeben hat, werden es von den Verbleibenden noch einmal mehr als die Hälfte in den nächsten 10 Jahren tun. Gerade die kleineren Bestände wird es zukünftig kaum noch geben. Ein Teil von Ihnen wird mit der Mast weitermachen und diese ggf. noch ausbauen. Sorge muss auch die geringe Investitionsbereitschaft in der Sauenhaltung machen. Denn werden keine Investitionen mehr getätigt, ist das gleichbedeutend mit dem Einstieg zum Ausstieg. Das lässt erahnen, wie sehr die Sauenhalter unter der fehlenden Planungssicherheit und fehlenden Perspektive leiden. Deutschland steuert auf dramatisch ansteigende Ferkelimporte zu, besonders befeuert durch die unterschiedlichen Vorgaben und damit verbundene Wettbewerbsverzerrungen.

 

Die Umfrageergebnisse untermauern den befürchteten Strukturbruch in der Ferkelerzeugung. Dieser lässt sich nur bremsen, wenn erstens die Sauenhalter endlich wieder eine klare Perspektive und verlässliche Rahmenbedingungen haben. Sie können den Betriebszweig nur dann überhaupt weiterentwickeln, wenn sie wissen, welche Entwicklungsschritte im Rahmen der Abschreibungszeiten überhaupt Bestand haben werden. Zweitens müssen ihnen praktikable Lösungen in den brennenden (K-)Fragen geboten werden, die auch praktikabel sind und mit denen sie im Wettbewerb mit ihren Kollegen aus den Nachbarstaaten bestehen können. Es geht also hier um einen notwendigen europäischen Gleichschritt der Vorgaben – Stichwort Kastration. Und drittens geht es um die Ermöglichung der Weiterentwicklung und der dafür notwendigen Beseitigung der Zielkonflikte und bürokratischen Hürden – beispielsweise zwischen Tier- und Umweltschutz.

 

Besonders das Bundeslandwirtschaftsministerium ist nun gefragt, den drohenden Strukturbruch abzudämpfen und für Klarheit in den wichtigen (K-)Fragen (Kastration, Kastenstand, Kupierverzicht, …) zu sorgen und das Schwarze Peter – Spiel bei den Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Ländern zu beenden. Die deutschen Schweinehalter werden es nicht durchhalten, hierzulande ab 2019 zu deutlich höheren Standards produzieren zu müssen, während ihre Berufskollegen aus den Nachbarstaaten der EU mit niedrigeren Standards nach Deutschland liefern, und nicht nur die Ferkel sondern auch das Fleisch. Das man sich in Berlin gleichzeitig einer verpflichten Kennzeichnung von Haltungsform und Herkunft beim Fleisch verweigert und auf eine europäische Lösung verweist, passt dann noch weniger dazu: Hohe Standards in Deutschland aber billiges Fleisch in der Theke, werden die deutschen Ferkelerzeuger massiv aus der Erzeugung drängen.


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