29.08.2022rss_feed

Entwürfe zum Tierhaltungskennzeichengesetz und zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung – ISN: Große Mängel und deshalb nicht akzeptabel

Die ISN lehnt die dargelegte Ausgestaltung der Tierhaltungskennzeichnung und die geplanten Änderungen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entschieden ab . ©ISN/Jaworr, BMEL, Canva

Die ISN lehnt die dargelegte Ausgestaltung der Tierhaltungskennzeichnung und die geplanten Änderungen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung entschieden ab . ©ISN/Jaworr, BMEL, Canva

Mitte August hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung vorgelegt – gleichzeitig ein Entwurf zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Die ISN lehnt die dargelegte Ausgestaltung der Tierhaltungskennzeichnung und die geplanten Änderungen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung aufgrund gravierender Mängel ab und warnt vor einen Wettbewerbsnachteil für deutsche Schweinehalter.

 

Nachdem die Ampel-Parteien in Berlin im November letzten Jahres die Einführung einer verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung im Koalitionsvertrag verankert hatten, wurde Mitte August ein entsprechender Gesetzentwurf durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgelegt und Verbände und Bundesländer um Stellungnahme gebeten. Die ISN lehnt die dargelegte Ausgestaltung der Tierhaltungskennzeichnung in der Fassung des Ressortentwurfs entschieden ab. Gleiches gilt für den gleichzeitig vorgelegte Entwurf zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung.

Das Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung der Schweinehaltung wird so aus Sicht der ISN filetiert, denn beispielsweise wichtige Teile wie Finanzierung und Beseitigung der Genehmigungshürden fehlen gänzlich. Zum anderen werden deutsche Schweinehalter im Wettbewerb am deutschen Fleischmarkt sogar noch benachteiligt, sollte das Haltungskennzeichen wie geplant eingeführt werden. Denn während die Haltungskennzeichnung für deutsche Schweinehalter verpflichtend sein soll, ist sie nach dem Willen des BMEL bei der ausländischen Ware freiwillig. Eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung kann darüber hinaus nur zum Erfolg führen, wenn sie konsequent in allen Absatzkanälen für Fleisch angewendet wird, also auch bei der Verarbeitung, dem Großhandel und der Gastronomie. Das soll aber vorerst nicht der Fall sein.

Wir fordern das BMEL auf, hier noch einmal deutlich nachzuarbeiten, die Mängel zu beseitigen und den Geltungsbereich entsprechend auszuweiten. Die Entwürfe sind nicht tragbar! Sollten Tierhaltungskennzeichengesetz und die Änderungen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung so auf den Weg gebracht werden, wäre das nicht nur eine massive Benachteiligung für deutsche Schweinehalter, sondern auch ein Rückschritt für Tierwohl, Transparenz und vieles mehr, so das deutliche Urteil von ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.

 

Einige der wichtigsten Kritikpunkte im Detail:

  • Die beabsichtige Kennzeichnung bezieht sich nur auf die Mast. Aus Sicht der ISN muss die Ferkelerzeugung im Hinblick auf die Transparenz für den Verbraucher und die neuen gesetzlichen Vorgaben, die massive investive und laufende Kosten bei den deutschen Ferkelerzeugern verursachen, zwingend berücksichtigt werden.
  • Der Erfüllungsaufwand für Schweinehalter ist weit höher als im Entwurf dargelegt. Die zusätzlichen investiven und laufenden Kosten für die Schweinehalter durch den Umbau ihrer Ställe auf höhere Haltungsstufen, die sich laut verschiedener Gutachten schon vor der jüngsten Teuerungswelle auf 3 bis 4 Mrd. Euro je Jahr beziffert wurden, dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
  • Die Ware aus dem Ausland soll laut Entwurf keiner Kennzeichnungspflicht unterliegen, sondern freiwillig sein. Ein Unding, denn deutsche Ware müsste so mit ausländischem Schweinefleisch konkurrieren, das unterhalb des deutschen Standards kostengünstiger erzeugten werden kann. In diesem ungleichen Wettbewerb können deutsche Schweinehalter nicht bestehen.
  • Bei Mischung von Schweinefleisch von Tieren aus unterschiedlichen Haltungsstufen sollen die Mischformen mit Prozentangaben gekennzeichnet werden. Aus Sicht der ISN ist das verwirrend, verbrauchertäuschend und kaum kontrollierbar. Insbesondere, wenn auch ein Anteil nicht kennzeichnungspflichtiger ausländischer Ware angeboten wird, kann dieses Schlupfloch genutzt werden, um mit Hilfe von günstig und ggf. zu geringeren Standards erzeugtem Schweinefleisch aus dem Ausland, selbst in den höheren Stufen den Basispreis für Schlachtschweine auf Weltmarktniveau zu drücken.
  • Hinsichtlich der Kontrolle der Umsetzung der Haltungsstufen innerhalb der Betriebe führt ein rein behördlich getragenes System nach unserer Meinung zu überzogener Bürokratie. Die seit vielen Jahren erfolgreich und zuverlässig arbeitenden akkreditierten, privatwirtschaftlichen Zertifizierungsstellen und Organisationsstrukturen müssen Berücksichtigung finden. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die Umsetzung und Kontrolle bundesländerübergreifend nach einheitlichen Maßstäben und Kriterien erfolgt.
  • Wenig nachvollziehbar ist, warum gleichzeitig zum Kennzeichengesetz die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung angefasst werden soll und man dort Vorgaben, die eigentlich in das Tierhaltungskennzeichengesetz gehören würden, festlegen will. So soll beispielsweise die Mindestfläche im Auslauf für ein Schwein bis 110 kg Lebendgewicht generell auf 0,5 m² je Tier vorgegeben werden u.v.m. – Umsetzungsfrist bis zum 1.7.2024. Aus ISN-Sicht ein Schlag in das Gesicht der Schweinehalter, die sich hier bereits auf den Weg gemacht haben und Fördermöglichkeiten werden verbaut - ein riesiger Bremsklotz auf dem Weg zum Umbau der Tierhaltung.

 


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