14.07.2022rss_feed

Hauspreise am Schweinemarkt – ALDIs Preispolitik verschärft Notlage der deutschen Schweinehalter

Kurz nach Veröffentlichung der unveränderten Notierung verkündeten drei große Schlachter Hauspreise.

Kurz nach Veröffentlichung der unveränderten Notierung verkündeten drei große Schlachter Hauspreise.

Die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften (VEZG) notierte am gestrigen Mittwoch einen zur Vorwoche unveränderten Schlachtschweinepreis von 1,85 €/kg SG. Drei große deutsche Schlachtunternehmen reagieren darauf nun mit Hauspreisen, die deutlich unter diesem Preis liegen. Sie geben den Preisdruck, der vom Lebensmitteleinzelhandel – mit ALDI als Vorreiter - ausgeht, nach unten in der Wertschöpfungskette weiter. Die nach zwei Krisenjahren wirtschaftlich extrem angespannte Situation der deutschen Schweinehalter verschärft sich damit weiter.


Bei der Bekanntgabe des stabilen Schlachtschweinepreises verwies die VEZG gestern auf ein ausgeglichenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage am Schweinemarkt. Das Angebot an Schlachtschweinen fällt durch den rasanten Abbau der Schweinebestände in den vergangenen Monaten und auch saisonal bedingt derzeit sehr niedrig aus. Zahlenmäßig äußerte sich dies bereits in den ersten fünf Monaten dieses Jahres in einem Rückgang von 9,2 % der Schweineschlachtungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auf der anderen Seite befindet sich die Nachfrage derzeit allerdings auch auf einem niedrigen Niveau. Zu den allgemeinen Konsumrückgängen, die u.a. durch die hohe Inflation bedingt sind, kommen temporäre Rückgänge durch die Ferienzeit hinzu, die mittlerweile wieder mehr Menschen im Ausland verbringen.

Bereits im Vorfeld der Notierungsfindung übten drei große Schlachtunternehmen erheblichen Preisdruck aus. Nachdem der stabile Schweinepreis von der VEZG bekannt gegeben worden war, reagierten die Unternehmen Tönnies, Westfleisch und Vion mit Hauspreisen von 1,75 bzw. 1,80 €/kg SG für nicht vertragsgebundene Schweine. Dahingegen ist bisher nicht bekannt, dass ein Schlachtunternehmen aus dem Mittelstand Hauspreise zahlt.

Die ISN meint:

Hauspreise in dieser Situation sind ein Unding! Ein wesentlicher Grund für diesen Preisdruck liegt jedoch eine Stufe höher in der Wertschöpfungskette: Die Lebensmitteleinzelhändler – allen voran ALDI – drücken die Preise für Schweinefleisch. In der vergangenen Woche verkündete ALDI Preissenkungen für zahlreiche Frischfleischprodukte. Dabei hieß es, dass man die gesunkenen Erzeugerpreise an die Endverbraucher weitergebe. In der Realität ist der Zusammenhang – zumindest im Bereich Schweinefleisch – aber ganz anders. Zuerst senkt der Lebensmitteleinzelhandel die Verbraucherpreise und nun drücken die Schlachtunternehmen den Erzeugerpreis, um die eigene Marge zu halten. Der Preisdruck wird in der Wertschöpfungskette nach unten durchgereicht und am Ende stehen die Schweinehalter, die die gesamte Last tragen. Mit einem solchen Handelsgebaren befeuert ALDI den Strukturbruch in der deutschen Schweinehaltung weiter, während sie sich gleichzeitig nach außen als Bekämpfer der Inflation und auch als Vorreiter in Sachen Tierwohl darstellen. Das ist eine Doppelmoral sondergleichen und eine Verhöhnung der deutschen Schweinehalter!, schimpft ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.

Im Hinblick auf die weitere Marktentwicklung in den nächsten Wochen kann ISN-Marktanalyst Klaus Kessing trotz der momentan angespannten Situation aber auch einige positive Aspekte erkennen: Der Preisdruck ist in dieser Intensität nicht berechtigt und darf nicht länger aufrechterhalten werden. Das derzeit schon sehr geringe Schlachtschweineangebot dürfte in den nächsten Wochen hitzebedingt noch weiter abnehmen. Aus einigen EU-Ländern wird von leicht verbesserten Exportmöglichkeiten in Drittländer berichtet. Im Süden Europas sind die Schweinepreise in den letzten Wochen gestiegen und der Abstand zu den Erzeugerpreisen hierzulande vergrößert sich immer weiter.


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