02.12.2021rss_feed

FLI-Präsident: Müssen jederzeit und überall mit ASP-Ausbrüchen rechnen

FLI-Präsident Prof. Thomas Mettenleiter ©FLI

FLI-Präsident Prof. Thomas Mettenleiter ©FLI

Der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Prof. Thomas Mettenleiter ordnet in einem Interview mit Agra Europe das gegenwärtige Tierseuchengeschehen, den Faktor Mensch, die Aussichten auf einen ASP-Impfstoff sowie die Zielkonflikte zwischen Seuchenschutz und Tierwohl ein.

Müssen jederzeit und überall mit ASP-Ausbrüchen rechnen

Als kritisch bewertet der Präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Prof. Thomas Mettenleiter, das gegenwärtige Infektionsgeschehen bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland. Die jüngste Entwicklung zeige eindrücklich, dass wir jederzeit und überall mit Ausbrüchen rechnen müssen.

Ein weiteres Vordringen der Seuche in Richtung Westen schließt der Wissenschaftler nicht aus. Menschliche Aktivitäten sind für die Sprünge der Infektion über große Distanzen verantwortlich, die die ASP in den vergangenen sieben Jahren machen konnte. Eine Verbreitung über Wildschweine kommt hier als Ursache kaum in Frage, macht Mettenleiter deutlich. Infizierte Wildschweine hielten die Infektion lokal im Gange und könnten zu einer eher kleinräumigen, langsamen Ausbreitung führen. Epidemiologisch sei beides relevant.

 

Erreger nutzen jede Schwachstelle

Die Erreger nutzen jede Schwachstelle!, mahnt Mettenleiter und weist ausdrücklich noch einmal darauf hin, dass Personen, die Schweine halten oder in Schweinehaltungen tätig sind, von Reisen in Gebiete absehen sollten, die von der ASP betroffen sind. Insbesondere sollten sie dort nicht jagen und jeden Kontakt zu Schweinen und Wildschweinen vermeiden und keine Trophäen oder Erzeugnisse, die ASP-Virus enthalten könnten, mitbringen.

 

Bund-Länder-Schuldzuweisungen sind sinnlos

Keinen Sinn machen nach Auffassung Mettenleiters die gegenseitigen Bund-Länder-Schuldzuweisungen hinsichtlich der Tierseuchenbekämpfung: Jeder hat in diesem Kontext seine Aufgaben bestmöglich zu erfüllen. Nur so habe man eine Chance auf Tilgung der Seuche, wann auch immer das sein mag. Der Wissenschaftler erinnert daran, dass es auf der iberischen Halbinsel 30 Jahre gedauert habe, die ASP auszumerzen. Auf Sardinien sei es bis heute nicht gelungen.

 

Keine Entspannung in Sicht

Eine Entspannung der gegenwärtigen ASP-Lage sei auch mit einem Blick nach Osteuropa nicht in Sicht. In Polen gibt es ein dynamisches Geschehen, dessen Auswirkungen wir durch Viruseinträge bei Wildschweinen in den Grenzregionen in Brandenburg und Sachsen spüren, erklärt der FLI-Präsident. Auch Rumänien, Bulgarien, Ungarn, die Slowakische Republik, die baltischen Staaten, Russland, die Ukraine und weitere Länder melden nach wie vor Fälle. Essentiell bleibe eine frühzeitige Erkennung der Infektionsherde, so dass die notwendigen Maßnahmen zeitnah eingeleitet werden können.

Vor falschen Hoffnungen auf eine baldige Bereitstellung von ASP-Impfstoffen warnt der FLI-Präsident, auch wenn es vielversprechende Entwicklungen gebe: Hier ist eher langfristig zu denken.

 

Zielkonflikte zwischen Seuchenschutz und Tierwohl lösbar

Für lösbar hält Mettenleiter der Zielkonflikte zwischen Seuchenschutz und Tierwohl. Es muss hier ein akzeptabler Ausgleich geschaffen werden, der den Gesundheitsschutz der Tiere und damit auch des Verbrauchers auf der einen sowie das Tierwohl auf der anderen Seite soweit möglich berücksichtigt. Infektionen beispielsweise mit ASP oder der Geflügelpest sind ja ebenfalls ein gravierendes Problem für das Tierwohl, betont er. Ganz wesentlich sei es, Infektionen mit modernen Biosicherheitskonzepten und präventiven Infektionsschutzmaßnahmen zu vermeiden.

 


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