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Fleischverzicht gegen Putin? – ISN: Nicht mehr als eine Stammtischparole

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bringt in einem Spiegelinterview einen Fleischverzicht gegen Putin ins Gespräch. ©SPIEGEL, BMEL/Thomas Truschel, Canva

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bringt in einem Spiegelinterview einen Fleischverzicht gegen Putin ins Gespräch. ©SPIEGEL, BMEL/Thomas Truschel, Canva

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir bringt in einem Spiegelinterview einen Fleischverzicht gegen Putin ins Gespräch.

ISN: Wir fordern vom Bundeslandwirtschaftsminister fachliche Lösungen statt solcher Stammtischparolen.

 

In der aktuellen Ausgabe des Magazins Der Spiegel wird Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vergangene Woche zitiert: Weniger Fleisch zu essen wäre ein Beitrag gegen Herrn Putin. Er kritisiert, dass ein System, bei dem 60 Prozent des Getreides in den Futtertrögen lande, wie in Deutschland, nicht nachhaltig sei.

 

Ist der Fleischverzicht tatsächlich eine Maßnahme gegen Putin?

Minister Cem Özdemir hat kürzlich dazu aufgefordert, angesichts der Ukraine-Krise nun nicht die alten Sprechzettel herauszuholen – Genau das fordern wir jetzt auch vom Minister selbst. Die Landwirte sind mit Sicherheit bereit alles zu tun, um die Auswirkungen der Invasion in die Ukraine abzufangen. Die Aussage des Bundeslandwirtschaftsministers zum Fleischverzicht gegen Putin ist aber eine derartige Pauschalierung und Vereinfachung, dass man sie getrost als Stammtischparole bezeichnen kann. Abgesehen davon, dass der Schweinebestand in Deutschland so oder so schon erheblich reduziert wurde, sind die Zusammenhänge weit komplexer, als dass man sie auf eine derart vereinfachte Formel runterbrechen könnte. Da muss Cem Özdemir schon stärker fachlich einsteigen, kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Hinter der Aussage des Landwirtschaftsministers steht die Annahme, dass das, was an Getreide im Trog der Schweine landet, auch direkt auf dem Teller landen könnte. Dabei handelt es sich hierbei entweder um reines Futtergetreide (z.B. Gerste und Triticale) oder wie beim Weizen um speziell auf die Fütterung ausgerichtete Getreidesorten, die zwar im Anbau einen höheren Ernteertrag, aber nicht die entsprechenden Backqualitäten und Inhaltsstoffe mit sich bringen. Und was ist mit dem Teil des Futters, der für den Menschen anders gar nicht nutzbar ist? So können beispielsweise die Extraktionsschrote (i.d.R. Soja- und Rapsextraktionsschrote), die als Nebenprodukt der Ölgewinnung entstehen, über die Tierhaltung als proteinreiches Futter verwertet werden und in den Ernährungskreislauf einfließen. Wenn man das alles berücksichtigt, sieht die Bilanz für die Tierhaltung schon ganz anders aus und die Mär vom Fleischverzicht gegen Putin löst sich schnell auf, so Staack: Wir fordern deshalb vom Bundeslandwirtschaftsminister fachliche Lösungen statt Stammtischparolen.

 

Tierhaltung wichtig für den Pflanzenbau

Die Bedeutung der Tierhaltung für den Pflanzenbau wird aktuell angesichts der Mineraldüngerknappheit sichtbar wie selten zuvor. Tierhaltung ist ein wichtiger Teil der Kreislaufwirtschaft, so Staack. Und weiter: Die von einigen so gerne verteufelten Wirtschaftsdünger sind ein wichtiger Wertstoff – im Ackerbau und immer mehr auch in der Energiegewinnung. In Zeiten, da Energie knapp und teuer ist, sollten wir froh sein, dass wir mit den Wirtschaftsdüngern aus der Tierhaltung einen größeren Teil der Mineraldünger, die mit sehr hohem Energieaufwand hergestellt werden müssen, ersetzen können.

 

Potenziale nutzen

Pflanzenbaulich sind die Entscheidung hinsichtlich der anzubauenden Früchte und Getreidesorten für die kommende Ernte weitgehend gelaufen. Jetzt geht es lediglich noch um das letzte Sommergetreide und andere Früchte, z.B. den Mais, erklärt Staack. Und weiter: Statt die Tierhaltung unter Beschuss zu nehmen, sollte man sich besser darauf konzentrieren, die verfügbaren Potenziale zu nutzen – im Ackerbau, in der Tierhaltung und auch bei der Energiegewinnung. Dabei muss die Nutzung von Stilllegungsflächen genauso in den Fokus rücken, wie mehr Spielraum bei der Düngung, der die Erzeugung von Brotgetreide überhaupt erst möglich macht. In Sachen Tierhaltung heißt es noch stärker als bisher die Potenziale in Sachen Futtereffizienz zu nutzen.

 


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