EU-Agrarkommissar kündigt Vierpunkteplan zur Unterstützung der Landwirte an – ISN: Gute Ansätze, aber PLH ist nicht sinnvoll!
Um den Schweinehaltern aus der Verlustzone zu helfen, ist die PLH nicht das richtige Instrument (Bild ©ISN/Jaworr, Canva, European Union)
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski kündigte gestern als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine einen Vierpunkteplan zur Sicherstellung der Nahrungsmittelsicherheit und zur Abfederung der ökonomischen Folgen für die europäischen Landwirte an. Ein Punkt des Plans, sieht den plötzlich Einsatz von Beihilfen zur Privaten Lagerhaltung (PLH) von Schweinefleisch vor, berichtet Agra Europe.
ISN: Krisenreserve nutzen - wann, wenn nicht jetzt? Dass man in Brüssel ein Paket zur Unterstützung der gebeutelten Landwirte schnürt und Maßnahmen zur Krisenbewältigung plant, ist in der aktuellen Situation wichtig und richtig. Ökologische Vorrangflächen für den Futteranbau und Sofortbeihilfen für Landwirte sind top – aber Beihilfen zur PLH sind ein Flop.
Vierpunkteplan sieht PLH vor
EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski hat mit Blick auf den Krieg in der Ukraine nun einen Vierpunkteplan zur Sicherstellung der Nahrungsmittelsicherheit und zur Abfederung der ökonomischen Folgen für die europäischen Landwirte angekündigt. Bei der Anhörung vor dem Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments erklärte der EU-Agrarkommissar in dieser Woche, dass die Krisenreserve der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 500 Mio. Euro aktiviert werde. Zusammen mit einer möglichen nationalen Kofinanzierung von zusätzlich 200 % könnte so insgesamt ein Betrag von bis zu 1,5 Mrd. Euro mobilisiert werden. Zudem soll es laut dem Agrarkommissar nun doch Beihilfen zur Privaten Lagerhaltung (PLH) von Schweinefleisch geben. Wojciechowski erklärte, dass damit ein Signal der Unterstützung
an den Schweinesektor gesendet werden könne. Innerhalb der EU wurden immer wieder die Beihilfen zur PLH in den Raum gestellt, aber bislang von der EU-Kommission abgelehnt.
Weitere befristete Maßnahmen geplant
Des Weiteren bereite seine Behörde eine Ausnahmeregelung zur Nutzung der Stilllegungsflächen vor, teilte Wojciechowski weiter mit. Hier solle vor allem die Erzeugung von Eiweißfutter möglich sein, um der Verknappung von Tierfutter entgegenzuwirken. Gleichzeitig stellte der Pole aber klar, dass diese Maßnahmen nur befristet gelten würden, um negative Auswirkungen auf die Biodiversität möglichst niedrig zu halten.
Schließlich arbeitet die Behörde dem Agrarkommissar zufolge an der Einrichtung eines Sonderbeihilferahmens. Dieser habe das Ziel, die Folgen des Ukraine-Krieges für die EU-Landwirte über mögliche nationale Sonderhilfen abzumildern. Alle Maßnahmen befänden sich noch in der Vorbereitung, stellte Wojciechowski fest. Endgültige Entscheidungen seien noch nicht gefallen. Für den kommenden Montag kündigte er die Vorlage einer Mitteilung zur Sicherstellung der Nahrungsmittelversorgung an.
Die ISN meint:
Wann, wenn nicht jetzt, sollte man eine Krisenreserve nutzen? Deshalb ist es gut, dass man nun in Brüssel ein Maßnahmepaket zur Krisenbewältigung schnürt, denn die Situation im europäischen Agrarsektor ist äußerst dramatisch und die Erzeuger verzeichnen erhebliche Verluste. Die geplanten Maßnahmen des EU-Agrarkommissars, wie insbesondere eine Ausnahmeregelung zur Nutzung von Stilllegungsflächen ist sinnvoll. Jeder Hektar zählt, um etwas Druck von den massiv gestiegenen Futterkosten und damit die auch auf die Nahrungsmittelversorgung zu nehmen! Jetzt muss es aber damit auch schnell gehen, wenn man diese Flächen noch sinnvoll bestellen und nutzen will. Auch die geplanten Sonderbeihilfen sind richtig und wichtig. Die Sofortbeihilfen können den in finanzieller Not befindlichen Schweinehaltern aus der Liquiditätskrise helfen. Entscheidend ist, dass diese Hilfen dann auch schnell bei den Schweinehaltern ankommt. So wenig Klarheit und so ein Auszahlungshickhack wie bei den Überbrückungshilfen, darf es nicht noch ein weiteres Mal geben
, so ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack. Und weiter: Wir verzeichnen zwar seit vier Wochen einen Rekordpreisanstieg der Schweinepreisnotierungen, an der finanziellen Misere der Schweinehalter hat das aber wenig geändert.
Der Markt springt zwar wieder an und die Umsätze gehen deutlich nach oben, aber angesichts der massiv gestiegenen Preise für Energie und Futter, hat sich nur der ökonomische Korridor verschoben – die extremen finanziellen Verluste in der Schweinehaltung bleiben. Die explosionsartig gestiegenen Futterkosten fressen die gestiegenen Erlöse direkt wieder auf und die Schweinehalter schreiben weiter tiefrote Zahlen. Die Schweinepreise müssen sehr deutlich weiter nach oben und schneller steigen als die Kosten
, so ISN-Marktexperte Klaus Kessing.
Um den Schweinehaltern aus der Verlustzone zu helfen, ist die PLH daher wie bisher nicht das richtige Instrument. Die Beihilfen zur Privaten Lagerhaltung ergeben zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt keinen Sinn! Welche Mengen will man jetzt einlagern? Will man den Landwirten in der EU nur Pseudo-Lösungen präsentieren oder die Lagerhausbetreiber unterstützen?
, macht ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack deutlich. Die EU-Beihilfe zur PLH ist aus unserer Sicht grundsätzlich kritisch zu sehen und zum jetzigen Zeitpunkt noch einmal ganz besonders unverständlich. In der Vergangenheit hat sich zudem gezeigt, dass selbst bei einer eher unwahrscheinlichen kurzfristigen Entlastung am Markt durch die PLH die Auslagerung der in die PLH eingelagerten Mengen die dringend erforderliche Markterholung spürbar verzögerte. Sie schaden den Schweinehaltern also mehr, als dass sie ihnen nutzen
, warnt Staack.