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Ernährungsreport 2022: Tierwohl immer wichtiger – ISN: Mehrkosten müssen auch getragen werden

BMEL Ernährungsreport 2022

Der diesjährige Ernährungsreport Deutschland, wie es isst zeigt: Der Konsum von Fleisch und Wurst geht zurück, während der Anteil an vegetarischen und veganen Alternativen zunimmt. Viele Verbraucher greifen aus Neugier zu den Ersatzprodukten, aber auch Aspekte wie Tierwohl, Umwelt- und Klimaschutz rücken zunehmend in den Fokus. Besonders wichtig ist laut den Umfrageergebnissen die verbindliche Tierhaltungskennzeichnung, berichtet AgE.

ISN: Worte und Taten laufen oft dann auseinander, wenn es ums Geld geht. Eines ist klar: Tierwohl kostet mehr und die Mehrkosten müssen auch getragen werden. Die politischen Entscheidungsträger müssen endlich klare Signale an die Tierhalter senden, wie mehr Tierwohl finanziert werden soll. Beim Thema Haltungskennzeichnung müssen noch viel Schlupflöcher gestopft werden.

 

Aspekte wie Umweltschutz und Tierwohl spielen in der Ernährung der deutschen Verbraucher eine immer größere Rolle. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage hervor, die das Meinungsforschungsinstitut Forsa für den am Montag, 11.07.2022 vorgestellten Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums durchgeführt hat. Darin gaben die 87 % der Befragten an, dass ihnen eine verbindliche Tierhaltungskennzeichnung wichtig oder sogar sehr wichtig wäre.

 

Umfrageergebnis: Verbraucher wollen mehr Geld für Tierwohl bezahlen

Für mehr Tierwohl wären die Verbraucher laut den Umfrageergebnissen auch bereit, mehr Geld in die Hand zu nehmen. Dazu wurden die Teilnehmer gebeten anzunehmen, dass ein Kilogramm Fleisch aus herkömmlicher Produktion 10 Euro kostet. Für bessere Haltungsbedingungen als den gesetzlichen Standard würden demnach 13 % der Befragten pro Kilogramm maximal bis zu 12 Euro bezahlen. Weitere 45 % würden bis zu 15 Euro und jeder Vierte bis zu 20 Euro bezahlen. Für 12 % wäre sogar ein Preis von mehr als 20 Euro akzeptabel.

 

Fleischkonsum geht zurück

Wie aus der Umfrage weiter hervorgeht, wächst der Anteil der Verbraucher, die vegetarische oder vegane Alternativen aufgrund des Schutzes von Tieren, Umwelt und Klima kaufen. Auf der anderen Seite geht der tägliche Konsum von Fleisch und Wurst zurück. So gibt nur noch ein Viertel der Befragten an, täglich tierische Lebensmittel zu essen. Bei der Umfrage zum ersten Bundes-Ernährungsreport im Jahr 2015 hatte dieser Anteil noch bei 34 % gelegen. Der Anteil von Verbrauchern, die vegetarische und vegane Produkte mindestens schon einmal gekauft haben, liegt aktuell bei 47 %, in der Altersgruppe der 14-bis 29-Jährigen sogar bei 64 %.

 

Klima- und Umweltschutz gewinnen an Bedeutung

Gefragt nach den Gründen, dominiert Neugier mit 75 %, doch der Anteil derer, die dies aus Tierschutzgründen tun, ist laut Umfrage im Vergleich zum Vorjahr um zwölf Prozentpunkte auf 71 % gestiegen. Auch bei der Motivation, ein Produkt aus Umwelt- und Klimaschutzgründen zu kaufen, wurde ein deutlicher Anstieg verzeichnet; und zwar um zehn Prozentpunkte auf 64 %.

 

Die ISN meint:

Die Ergebnisse der Befragung scheinen eindeutig: Dem Großteil der Deutschen ist eine artgerechte Tierhaltung beim Lebensmitteleinkauf wichtig und die Bereitschaft, für mehr Tierwohl tiefer in die Tasche zu greifen, steigt. Die Erfahrung zeigt, dass Worte und Taten oft dann auseinanderlaufen, wenn es ums Geld geht, ordnet ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack die gestern veröffentlichen Umfrageergebnisse ein. Auch wenn viele Verbraucher mehr Tierwohl fordern, ist ein Großteil trotzdem nicht bereit, die Mehrkosten freiwillig an der Ladenkasse zu tragen. Es muss jedoch klar sein: Mehr Tierwohl kostet auch mehr.

Von den politischen Entscheidungsträgern fordert Staack deshalb endlich klare Signale, wie mehr Tierwohl finanziert werden soll. Dass allein der Markt die hohen zusätzlichen Kosten tragen wird, ist ein berechtigter Wunsch, geht aber vollkommen an der Realität vorbei. Klar sein muss aber auch: Von der Erstattung der Mehrkosten kann kein Unternehmen überleben, geschweige denn sich weiterentwickeln. Es kommt also darauf an, dass diese beiden Enden aus Mehrkostenerstattung und Markterlös tatsächlich praxisnah zusammengebunden werden können. Ohne Planungssicherheit und Perspektive werden viele Betriebe den gesellschaftlich und politisch gewünschten Umbau nicht mehr mitgehen können.

Schön und gut ist auch die große Bedeutung einer verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung für die Konsumenten. Doch das vom Bundeslandwirtschaftsminister vorgestellte Konzept hakt noch gewaltig und bietet bislang keinen deutlichen Mehrwert. Staack erläutert: So wie die staatliche Haltungskennzeichnung vorgestellt wurde, wird sie lediglich genau für die Absatzwege und Fleischprodukte verpflichtend, die mit wenigen Ausnahmen so oder so bereits über die Haltungsform des Handels gekennzeichnet sind. Stand jetzt werden der Großhandel, die Außer-Haus-Versorgung und verarbeitete Produkte nicht berücksichtigt und auch Importware kann ungekennzeichnet bleiben, sodass Fleischimporten aus anderen Staaten mit teilweise geringeren Erzeugerstandards weiterhin Tür und Tor geöffnet ist. Das ist vielen Verbrauchern wahrscheinlich gar nicht bewusst, ergänzt Staack. Die Politik muss endlich handeln, aus Gründen des Tierwohls, des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit!

 


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