18.06.2021rss_feed

EDEKA will Lieferanten nun doch für real-Übernahme zahlen lassen

EDEKA will Lieferanten nun doch für real-Übernahme zahlen lassen ©EDEKA Mediathek, Real, LZ, Bundeskartellamt

EDEKA will Lieferanten nun doch für real-Übernahme zahlen lassen ©EDEKA Mediathek, Real, LZ, Bundeskartellamt

EDEKA startet nach einem Bericht der Lebensmittelzeitung (LZ) einen neuen Anlauf, um mit den Lieferanten über einen Beitrag für die Übernahme von 51 real-Märkten zu verhandeln. Das Bundeskartellamt hatte im Mai bekanntgegeben, dass die Ermittlungen gegen EDEKA wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen das sog. Anzapfverbot eingestellt wurden. EDEKA darf also von Lieferanten Sonderforderungen erheben, solange diese an eine entsprechende Gegenleistung geknüpft sind.

ISN: Neue Normalität in der Lieferkette? Die ohnehin schon mit reichlich Marktmacht ausgestatteten Handelsunternehmen können die Lieferanten z.B. über Werbekostenzuschüsse indirekt an den Kosten der Übernahme beteiligen, schließlich sind sie dann ja noch größer und haben somit noch mehr Verbraucherreichweite – und das mit dem Segen des Kartellamts. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Rechtlich mag das in Ordnung sein, aber an die Folgen in der Lebensmittelkette hat mal wieder keiner gedacht. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kosten von der Fleischwirtschaft in der Kette bis zum Landwirt durchgereicht werden, ist groß.

 

EDEKA startet einen neuen Anlauf, die Lieferanten bei der Übernahme der real-Supermärkte in die Pflicht zu nehmen. Das heißt im Klartext, die Lieferanten sollen die Übernahme der real-Märkte mitbezahlen. Nach einem Bericht der Lebensmittelzeitung (LZ) hat sich das Handelsunternehmen allerdings dieses Mal für die Verhandlung mit den Lieferanten über einen Beitrag für die Übernahme von 51 real-Märkten eng mit dem Kartellamt abgestimmt. Zunächst hatte EDEKA die erhobenen Konditionsforderungen gegenüber den Lieferanten einstellen müssen, nachdem das Bundeskartellamt Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen das sogenannte Anzapfverbot und damit einen verbotenen Missbrauch von Marktmacht eingeleitet hatte.

 

Sonderforderungen an Lieferanten mit Gegenleistung rechtlich möglich

Im Mai gab das Bundeskartellamt in einer Pressemitteilung dann bekannt, dass die Ermittlungen gegen EDEKA eingestellt wurden, da sich der Verdacht nicht erhärtet habe. Für die weiteren Verhandlungen hat die Behörde aber nur unter bestimmten Voraussetzungen grünes Licht gegeben: Wie die LZ berichtet, dürfen Zuschüsse nur mit entsprechender Gegenleistung, wie z.B. Sonderplatzierungen, Werbung im Handzettel und Promotions, gefordert werden. Wir haben uns dessen versichert, dass Edeka das entsprechend berücksichtigen wird. Es geht um besondere, optionale Vermarktungsaktionen in großflächigen Filialen, die von den Lieferanten finanziell unterstützt werden können. Es ist wichtig, dass konkrete Leistungen und damit verbundene Kosten individuell vereinbart werden können, erklärt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Zudem dürfe es nicht zu Doppelvergütungen kommen und die Vereinbarungen müssten für den Lieferanten kalkulierbar sein. Das heißt, über die konkret vereinbarten Werbeaktionen hinaus, darf EDEKA keine Vergütungen von den Lieferanten für die hinzugewonnen real-Standorte verlangen. Nach LZ-Informationen soll die Bandbreite der einmaligen Konditionenforderungen, mit denen EDEKA in den Verhandlungen zur real-Integration aktuell aufwartet, von 0,15 Prozent bis zu 0,3 Prozent des erzielten Umsatzes reichen.

 

Die ISN meint:

Aus rechtlicher Sicht mag das Vorgehen der EDEKA in Ordnung sein, aber das Problem bleibt bestehen: EDEKA nutzt seine Marktmacht aus und will die Lieferanten trotzdem für die Übernahme der real-Standorte zahlen lassen. Wieder mal zeigt sich: Das Kräfteverhältnis in der Kette geht zu Lasten der Lieferanten und damit letztlich zu Lasten der Landwirte, denn die Wahrscheinlichkeit, dass diese Kosten bis zum Landwirt durchgereicht werden, ist groß, kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack die Entwicklungen. Wir stehen zum Markt und seinen Mechanismen, aber hier ist die Kräfteverteilung im Markt in eine ordentlichen Schieflage geraten.

In einem Kommentar der LZ ist heute zu den aktuellen Entwicklungen von einer neuen Normalität die Rede. Für eine faire Marktpartnerschaft dürfen jedoch aus unserer Sicht die wenigen großen Unternehmen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels nicht mit Zustimmung des Bundeskartellamts alles bis ins Letzte ausreizen, was rechtlich möglich ist. Es muss dringend für ein vernünftiges Gleichgewicht im Markt gesorgt werden, in dem auch die Erzeuger in Deutschland mit ihren Betrieben eine Zukunft haben. Ähnlich wie die Kosten der verschiedenen Corona-Maßnahmen zum großen Teil von der Fleischwirtschaft an die Landwirte weitergegeben, ist auch bei den Kosten der real-Übernahme zu befürchten, dass diese letztendlich wieder von den Landwirten zu tragen sein werden.

Wie wichtig eine vernünftige Verteilung der Erzeugerkosten und ein passendes Kräfteverhältnis am Markt ist, zeigt sich auch beim Thema Lieferverträge, die in den vergangenen Monaten von vielen Schlachtbetrieben massiv vorangetrieben worden sind. Ähnlich wie beim o.a. Thema sind diese in ihrer Ausgestaltung in der Regel äußerst einseitig - zu Lasten der Landwirte. Eine neue Normalität, mit der wir uns nicht abfinden werden und gegen die wir weiter angehen.

 

Hier können Sie unsere bisherigen Ergebnisse dazu finden:


Vermarktungsverträge: Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen!

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Über die real-Übernahme durch EDEKA hatten wir hier bereits berichtet:


EDEKA will Lieferanten für real-Übernahme zahlen lassen. ISN: Unverschämt!

EDEKA wegen real-Übernahme nun auch im Fokus von Politik und Kartellamt

Kartellamt gibt Real-Übernahme durch EDEKA zum Teil frei

Pressemitteilung des Bundeskartellamts:


Bundeskartellamt (12.05.2021): Bundeskartellamt stellt Ermittlungen gegen Edeka ein

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