Bund: Maßnahmen aus dem WBA-Gutachten sind keine unmittelbare Handlungsanleitung
Vor acht Monaten hat der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik (WBA) beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft das Gutachten Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung
veröffentlicht.
Die Abgeordneten der Arbeitsgruppe Landwirtschaft von Bündnis 90/Die Grünen haben dazu kürzlich eine kleine Anfrage im Bundestag gestellt, um von der Bundesregierung zu erfahren, wie die Umsetzung ausgewählter Empfehlungen des Gutachtens aussehen soll.
Keine kurzfristige Umsetzung
Bereits vor einigen Wochen hat die Bundesregierung in einer Pressemitteilung eröffnet, dass sie keine Veranlassung sieht, die Empfehlungen aus dem Gutachten des WBA kurzfristig umzusetzen. Auch in der Antwort auf die Anfrage der Grünen macht die Bundesregierung deutlich, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen die Akzeptanz der Nutztierhaltung zwar deutlich verbessern können, diese aber nicht durchweg als unmittelbare Handlungsanleitung geeignet
seien. Längerfristig sollen diese jedoch bei politischen Entscheidungen berücksichtigt werden. Unter anderem bemängelt die Bundesregierung, dass der WBA den Aufwand für die finanzielle Belastung der Landwirtschaft aber auch für den Verwaltungsaufwand nicht hinreichend berücksichtige.
Kein Konsens auf europäischer und internationaler Ebene
Die Bundesregierung stellt weiter fest, dass der WBA den Einfluss der deutschen Politik im europäischen und internationalen Bereich überschätzt; bereits innerhalb der Europäischen Union, aber auch innerhalb der Welthandelsorganisation gibt es keinen breiten Konsens zum Tierschutz. Vor diesem Hintergrund ist die Umsetzbarkeit der Maßnahmen stark eingeschränkt. Für die Zukunft des Veredlungsstandortes Deutschland ist es daher laut Bunderegierung entscheidend, die richtige Balance zwischen wirtschaftlichen Erfordernissen im internationalen Wettbewerb und einem Mehr an gesellschaftlicher Akzeptanz für die intensive Tierhaltung
zu finden.
Einführung eines staatlichen Tierschutzlabels
Für die Einführung eines nationalen Tierschutzlabels, wie es die Wissenschaftler in ihrem Gutachten fordern, spricht sich die Bundesregierung nicht explizit aus. Vielmehr setze die Bundesregierung bei der Frage der Tierwohlkennzeichnung zuerst auf die Eigeninitiative der Wirtschaftsbeteiligten. Ein Tierwohllabel auf EU Ebene würden die Regierungsparteien dagegen unterstützen.
Die ISN meint:
Erfreulich ist, dass die Bundesregierung die Empfehlungen aus dem Gutachten mit dem nötigen Augenmaß begutachtet und auf die Eigeninitiative der Wirtschaftsbeteiligten setzt. Denn in Sachen Tierwohl ist von der Wirtschaft bereits einiges auf den Weg gebracht worden. Stichpunktartig seien hier die Initiative Tierwohl, das QS- Antibiotikamonitorring und die zahlreichen Forschungsprojekte zum Verzicht auf nicht-kurative Eingriffe genannt. Die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft und der landwirtschaftlichen Betriebe darf nicht durch vorschnelle Ordnungspolitik im Keim erstickt werden.
Ähnlich wie die Bundesregierung sieht die ISN aber auch noch großen Handlungsbedarf bezüglich einer umfassenden Folgenabschätzung für die gesamte Wertschöpfungskette. Sowohl diese, als auch Lösungsansätze zu den auftretenden Zielkonflikten zwischen Tier- und Umweltschutz, sind in dem Gutachten zu kurz gekommen. Ohne eine ganzheitliche Betrachtung des Themas mit allen Folgen sowie der Bündelung aller Tierschutzaktivitäten auf nationaler und europäischer Ebene erleiden die deutschen Tierhalter Schiffbruch.