17.09.2021rss_feed

Antibiotikaeinsatz: Veto-Empfehlung im Europaparlament gescheitert

In den letzten zehn Jahren ist der Antibiotikaeinsatz europäisch und national gesehen deutlich reduziert worden ©ISN/Jaworr

In den letzten zehn Jahren ist der Antibiotikaeinsatz europäisch und national gesehen deutlich reduziert worden ©ISN/Jaworr

Im EU-Parlament ist in dieser Woche das vom Umweltausschuss eingebrachte Veto gegen den delegierten Rechtsakt der EU-Kommission zur Antibiotikanutzung mit großer Mehrheit von den Europaabgeordneten abgelehnt worden. Demnach dürfen Reserveantibiotika auch weiterhin bei der Behandlung von Nutz- und Haustieren eingesetzt werden, berichtet Agra Europe (AgE).

ISN: Wir begrüßen die Ablehnung des Vetos! Denn kranke Tiere müssen insbesondere auch aus Tierschutzgründen behandelt werden können, wenn es notwendig ist. Ein Verbot bzw. eine sehr starke Einschränkung des Einsatzes ganzer Wirkstoffgruppen in der Tierhaltung widerspricht aus unserer Sicht dem Tierschutz.

 

Veto klar abgelehnt

Insgesamt 450 EU-Parlamentarier stimmten am Mittwoch in Straßburg gegen eine Zurückweisung des Kommissionspapiers, womit die neuen EU-Regeln nun in Kraft treten können. Für das unter dem Berichterstatter, dem grünen Agrarsprecher Martin Häusling, erstellte Veto votierten 204 Abgeordnete, so berichtet Agra-Europe. Mit dem Rechtsakt werden neue Kriterien für die Anwendung von Antibiotika in der Human- und der Veterinärmedizin festgelegt. Demnach dürfen Reserveantibiotika auch weiterhin bei der Behandlung von Tieren eingesetzt werden. Häusling hatte dagegen die Streichung der Zulassung bestimmter antibiotischer Wirkstoffe für die Tiermedizin eingefordert.

 

Einsatz von Reserveantibiotika weiterhin möglich

Die Europäische Plattform für einen verantwortungsvollen Umgang mit Tierarzneimitteln (EPRUMA) begrüßte das Votum. Damit sei für Tierärzte der Zugang zu spezifischen lebensrettenden Behandlungen sowohl für Nutz- als auch Haustiere weiter sichergestellt. Das Parlament habe die Kriterien, um Antibiotika für die Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen zu reservieren, wie von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) empfohlen, als geeignet angesehen. Die Ablehnung des Entschließungsantrags habe gezeigt, dass die Abgeordneten die Bedeutung der Tiergesundheit und ihre Folgewirkungen auf die öffentliche Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Nahrungsmittelversorgung und die Umwelt verstanden hätten.

 

Antibiotikaeinsatz bereits deutlich reduziert

EPRUMA betonte, dass ein ganzes Maßnahmenpaket in der Tiermedizin inzwischen zu einer eng kontrollierten Anwendung von Antibiotika führe. Dieses reiche von der Erfassung des Antibiotikaverbrauchs über Einschränkungen und Leitlinien zu deren Abgabe und Anwendung bis hin zum Resistenzmonitoring und der Erfassung von Resistenzdaten bei der Zulassung von Tierarzneimitteln. Diese Anstrengungen hätten in den letzten zehn Jahren europäisch und national zu einem deutlichen Rückgang des Antibiotikaeinsatzes geführt. In Deutschland habe die Abnahme in diesem Zeitraum 60,7 % betragen. Durch das neue EU-Tierarzneimittelrechtrecht, in dem der delegierte Rechtsakt ein Teil sei, würden diese Bestrebungen intensiviert und harmonisiert.

 

Die ISN meint:

Wir begrüßen, dass eine weitere Einschränkung hinsichtlich des Einsatzes ganzer Antibiotikawirkstoffgruppen in der Tierhaltung im EU-Parlament keine Mehrheit gefunden hat. Gerade die Schweinehalter und ihre Tierärzte haben gezeigt, dass sie gemeinsam sehr verantwortungsvoll mit dem Antibiotikaeinsatz in der Schweinehaltung umgehen. Seit Jahren belegen sowohl amtliche als auch wirtschaftsseitig erhobene Daten sehr eindrucksvoll einen sehr stark rückläufigen Einsatz von Antibiotika – und auch der Reserveantibiotika – in der Schweinehaltung. Vorbeugende Hygienemaßnahmen, Impfprogramme usw. wurden weiter ausgefeilt und falls dennoch nötig, werden Antibiotika nur ganz gezielt eingesetzt. Es gilt also die Devise: So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Dabei muss klar sein, dass kranke Tiere insbesondere auch aus Tierschutzgründen behandelt werden müssen, soweit die Behandlung notwendig und erfolgversprechend ist. Ein Verbot bzw. eine sehr starke Einschränkung des Einsatzes ganzer Wirkstoffgruppen in der Tierhaltung schränkt die Behandlungsmöglichkeiten ein und widerspricht also dem Tierschutz.

 


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