Antibiotikaeinsatz in der Tiermedizin seit 2011 deutlich verringert
Die Menge der in Deutschland von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzte abgegebenen Antibiotika geht seit Beginn der Meldepflicht stetig zurück. Im Vergleich zu 2011 wurde 2020 ein deutlicher Rückgang von fast 60 % verzeichnet. Im QS-System ist die Antibiotikaabgabe im letzten Jahr nochmals weiter zurückgegangen. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherhheit (BVL) verzeichnete erstmals wieder einen leichten Anstieg, der allerdings nicht auf die Schweinehaltung zurückzuführen ist, wo der Antibiotikaeinsatz zuletzt erneut weiter reduziert werden konnte.
ISN: Diese Leistung, die Tierhalter zusammen mit ihren Hoftierärzten erreicht haben, muss endlich auch einmal gewürdigt werden. Die Luft für eine weitere Minimierung wird jedoch zunehmend dünner und könnte zu Lasten des Tierschutzes gehen.
Die Antibiotikaabgabe im QS-System ist erneut leicht gesunken, wie die Qualität und Sicherheit GmbH in dieser Woche mitteilte. Die Zahlen von 2020 zeigen, dass die aus dem QS-Antibiotikamonitoring abgeleitete Optimierungsstrategie greife, erklärt QS. So haben tierhaltende Betriebe im QS-System im letzten Jahr den Einsatz von Antibiotika im Vergleich zu 2019 um 0,49 % reduziert. Zusätzlich wurde 2020 der Einsatz kritischer Antibiotika um 11,2 % weiter gesenkt. Kritische Antibiotika machen dabei nur einen kleinen Anteil der Gesamtmenge aus: 0,83 % im Jahr 2020. Hierzu gehören auch die Flourchinolone, deren Abgabe 2020 im Vergleich zum vergangenen Jahr um 12,9 % niedriger war.
Langfristiger Vergleich zeigt deutlichen Rückgang
Im Gegensatz dazu meldete das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) kürzlich, dass die Menge, der in Deutschland von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzte abgegebenen Antibiotika im vergangenen Jahr erstmals seit Beginn der Meldepflicht 2011 wieder leicht gestiegen sei. Wie Agra Europe (AgE) berichtet, nahm die betreffende Menge im Vergleich zum Vorjahr um 31 t oder 4,6 % auf insgesamt 701 t zu.
Langfristig betrachtet hat sich die Abgabe allerdings innerhalb der vergangenen neun Jahre um 1.005 t beziehungsweise 58,9 % verringert. Im Vergleich mit 2011 haben die Abgabemengen der Reserveantibiotika einen deutlichen Rückgang verzeichnet, bei Fluorchinolonen um 22 %, bei Polypeptidantibiotika um 53 %, bei den Cephalosporinnen der dritten und vierten Generation um 63 % sowie bei Makroliden um 65 %. Das BVL betont, dass Tierarzneimittel wie Antibiotika eingesetzt würden, um kranke Tiere zu behandeln. Dies sei erforderlich, um die Tiergesundheit und den Tierschutz sicherzustellen und den Menschen vor Zoonosen zu schützen.
Hintergrund
Die QS-Antibiotikadatenbank unterstützt Tierärzte und landwirtschaftliche Betriebe mit Auswertungstools und informiert über aktuelle Entwicklungen des Antibiotikaeinsatzes, wie etwa durch Trendanalysen. Diese werden quartalsweise und spezifisch für einzelne Tier- und Produktionsarten berechnet.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erfasst seit 2012 jährlich die Antibiotikamengen, die von Pharmaindustrie und Großhandel insgesamt an alle deutschen Tierarztpraxen abgegeben werden. Hierzu werden sämtliche Daten zur Antibiotikaabgabe an Nutztiere, aber auch an Pferde sowie Haus- und Kleintiere in einem zentralen Register des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) gespeichert.
Die ISN meint:
Die regelmäßigen BVL-Veröffentlichungen belegen, dass der Antibiotikaeinsatz in der deutschen Tierhaltung in den vergangenen Jahren drastisch gesunken ist und sich nachhaltig auf einem niedrigen Niveau eingependelt hat. Dieser Rückgang wird auch immer wieder von den Auswertungsergebnissen der staatlichen Antibiotika-Datenbank sowie der QS-Antibiotika-Datenbank bestätigt. Hinter den Reduzierungen stehen sehr komplexe Hygiene- und Tiergesundheitskonzepte. Diese Leistung, die Tierhalter zusammen mit ihren Hoftierärzten erreicht haben, muss endlich auch einmal gewürdigt werden. Die Luft für eine weitere Minimierung wird zunehmend dünner, was zu Lasten des Tierschutzes gehen könnte. Das ist nicht akzeptabel.
Bei Betrachtung der Zahlen ist zu berücksichtigen, dass die BVL-Daten nicht direkt mit den Daten aus der staatlichen Antibiotikadatenbank bzw. QS-Antibiotikadatenbank vergleichbar sind. Während diese Antibiotikadatenbanken eine tierartspezifische Aufteilung berücksichtigen, umfassen die BVL-Zahlen die Antibiotika-Abgabe an alle Nutztiere, Pferde und auch Haus- und Kleintiere. Erst kürzlich hat das BVL spezifische Kennzahlen zum Antibiotika-Einsatz in der Schweinehaltung veröffentlicht, die belegen, dass sich die Werte seit Einführung des Antibiotikamonitorings im Jahr 2015 drastisch reduziert haben. Zuletzt haben die Schweinehalter im ersten Halbjahr 2021 den Antibiotikaeinsatz erneut weiter gesenkt.