19.09.2022rss_feed

Agrarministerkonferenz: Länder kritisieren Pläne zur Tierhaltungskennzeichnung

Auf der AMK kritisierten die Bundesländer die Entwürfe zum Tierhaltungskennzeichengesetz des Bundeslandwirtschaftsministeriums deutlich. Aus Sicht der ISN ist die Kritik mehr als berechtigt. ©Twitter @MWL LSA, AMK, BMEL, ISN/Jaworr

Auf der AMK kritisierten die Bundesländer die Entwürfe zum Tierhaltungskennzeichengesetz des Bundeslandwirtschaftsministeriums deutlich. Aus Sicht der ISN ist die Kritik mehr als berechtigt. ©Twitter @MWL LSA, AMK, BMEL, ISN/Jaworr

Auf der Agrarministerkonferenz (AMK), die vom 14.09 bis zum 16.09 in Quedlinburg stattgefunden hat, wurden die Pläne der Bundesregierung zu einer verpflichtenden Tierhaltungskennzeichnung deutlich kritisiert. Einer Protokollerklärung von neun Bundesländern zufolge seien die geplanten Regelungen in den Folgewirkungen nicht hinreichend geprüft und rechtlich fraglich. Darüber hinaus stellten sich die Länder erneut hinter die Empfehlungen der Borchert-Kommission und bekräftigten ihre Forderung nach einem umfassenden Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung.

ISN: Die einhellige Kritik aus den Bundesländern an den Entwürfen zum Tierhaltungskennzeichengesetz des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist mehr als berechtigt. Auch der Entwurf zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung darf so nicht durchkommen! Dagegen braucht es jetzt schnell praktikable Lösungen, denn die finanzielle Situation auf den Betrieben ist katastrophal und vielen Betrieben geht die Puste aus.

 

Auf der Agrarministerkonferenz (AMK) in Quedlinburg erntete Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vergangene Woche von den meisten Länder harsche Kritik für seine Entwürfe zur Tierhaltungskennzeichnung und zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Die geplanten Regelungen seien in den Folgewirkungen nicht hinreichend geprüft und rechtlich fraglich, heißt es in einer Protokollerklärung von neun Bundesländern. Das berichtete Agra Europe (AgE) am vergangenen Freitag.

 

Schleswig-Holstein: Entwürfe sind nicht akzeptabel

Für Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Werner Schwarz sind die vorgelegten Entwürfe nicht akzeptabel. Die vorgesehenen Regelungen würden nicht nur die Schweinehaltung in Deutschland weiter schwächen, sondern auch das bestehende, praxisbewährte Initiative-Tierwohl-(ITW)-System des Lebensmitteleinzelhandels sowie das damit verbundene Finanzierungssystem gefährden, warnte der Minister.

 

NRW fordert Überarbeitung und wenig Bürokratie

Auch Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen hatte die Pläne bereits im Vorfeld der AMK gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa) kritisiert und eine Ausweitung der Kennzeichnung unter anderem auch auf verarbeitete Fleischwaren gefordert sowie darauf gepocht, den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten.

 

AMK bekennt sich zum wiederholten Mal zum Borchert-Plan

Darüber hinaus hat die AMK laut AgE ihre Forderung nach einem umfassenden Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung bekräftigt, das auch eine Kompensation der laufenden Kosten enthalten müsse. Die Ressortchefs der Länder bekannten sich erneut zu einer Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission einschließlich rechtssicherer, langfristiger und ausreichender Finanzierungshilfen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wertete das einmütige Votum als Rückenwind für die anstehenden Verhandlungen in der Ampelkoalition. Er hoffe auf eine Einigung innerhalb der nächsten Wochen. Özdemir nannte als sein Ziel, die im Bundeshaushalt vorgesehene Tierwohlmilliarde nicht nur für die Investitionsförderung, sondern auch zur Deckung laufender Kosten in den Betrieben einzusetzen.

 

Tierhalter brauchen Planungssicherheit – Bundesregierung ist am Zug

Das reicht auf Dauer natürlich nicht und kommt auch fast schon zu spät, kritisierte Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast in einer Pressemitteilung im Anschluss der AMK mit Blick auf die äußerst angespannte Situation auf den tierhaltenden Betrieben, speziell in der Schweinehaltung. Otte-Kinast wies darauf hin, dass sich die AMK bereits vor mehr als einem Jahr hinter die Empfehlungen der Borchert-Kommission gestellt habe. Nunmehr liege es an der Bundesregierung, endlich zu Entscheidungen zu kommen.

 

Die ISN meint:

Die einhellige Kritik an dem Tierhaltungskennzeichengesetz des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) aus den Bundesländern ist mehr als berechtigt. Auch wir haben in unserer Stellungnahme – wie nahezu alle anderen (nicht nur) landwirtschaftlichen Verbände - die massiven Mängel am BMEL-Entwurf zum Tierhaltungskennzeichengesetz und nicht zu vergessen auch am Entwurf zur Änderung der Tierschutznutztierhaltungsverordnung geübt.

Richtigerweise haben die Länder erneut ein Bekenntnis zu den Plänen der Borchert-Kommission abgegeben, die vom BMEL vollkommen filetiert wurden. Natürlich fehlt die Finanzierung und natürlich fehlen auch die nötigen Änderungen in der Gesetzgebung, um die Genehmigungshürden endlich abzubauen. Wir hatten im Vorfeld von den AMK-Teilnehmern gefordert mit Blick auf Berlin gegenzuhalten und endlich klare Signale zu mehr Planungssicherheit und Perspektive für Schweinehalter zu setzen. Deshalb begrüßen wir die deutliche Kritik an den Entwürfen des BMEL zum Tierhaltungskennzeichnungsgesetz. Diese Entwürfe sind einfach nicht tragbar! Ebenso ist es richtig und wichtig, dass die Länder auf die Lösung der Finanzierungsfrage drängen. Trotzdem fehlen nach wie vor konkrete Signal, wenn es dann darum geht, festzulegen, wie die Schweinehalter den Umbau der Tierhaltung genehmigungsrechtlich, finanziell und praxistauglich umsetzen sollen! Dem vielen Reden müssen jetzt endlich Taten folgen!, kommentiert ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack die Ergebnisse der AMK und fordert: Es ist keine Zeit verlieren! Die finanzielle Situation auf den Betrieben ist katastrophal und vielen Betrieben geht die Puste aus – allein im vergangenen Jahr haben 10 % der Schweinehalter aufgegeben. Schon heute werden in Deutschland so wenig Schweine gehalten, wie seit über 30 Jahren nicht mehr. Wenn das so weitergeht, wird es bald keine Schweinehalter in Deutschland mehr geben, die den gewünschten Umbau der Schweinehaltung überhaupt noch mitgehen können. In Zeiten, in denen in immer mehr Bereichen der Wirtschaft und des täglichen Lebens die Erzeugung im eigenen Land und die Versorgungssicherheit immer mehr an Bedeutung gewinnen, ist das ein fatales Signal. Deshalb: Cem Özdemir muss endlich Dampf auf den Kessel bringen und mehr als nur mangelhaftes Stückwerk liefern! Schweinehalter brauchen endlich wieder Verlässlichkeit und Praxisbezug von Seiten der Politik.


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