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Antibiotikaresistenzen: DART 2020 - Was kann die Strategie der Bundesregierung?

Robert Habeck, Grüne, Landwirtschaftsminister Schleswig-Holstein

Robert Habeck, Grüne, Landwirtschaftsminister Schleswig-Holstein

Wie soll die Ausbreitung Antibiotika resistenter Keime künftig besser eingedämmt werden? Die Bundesregierung hat dazu in der vergangenen Woche die neue Deutsche Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART 2020) mit einer großen medialen Unterstützung vorgestellt. DART 2020 enthält einen Sechs-Punkte Plan mit einem Bündel an Maßnahmen im Human- und Veterinärbereich. Doch dem Bekanntmachen des Strategiepapiers folgt die Kritik auf dem Fuße: von Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck.

 

Mehr Hygiene, mehr Forschung, mehr Kontrolle. Das sind die wesentlichen Handlungsfelder, an denen die Deutsche Antibiotika-Resistenz-Strategie (DART 2020) ansetzt, um die Ausbreitung resistenter Keime künftig besser einzudämmen. Konkret sieht der Sechs-Punkte-Plan zum Beispiel den Ausbau der Überwachungssysteme vor: Neue Erreger und Antibiotikaresistenzen will man damit frühzeitig erkennen können und repräsentative Daten für Deutschland ermitteln. Des Weiteren sollen Diagnostik sowie verstärkte Hygienemaßnahmen im Human- und Tierbereich gefördert werden. Schließlich will die Bundesregierung den Aufklärungs- und Sensibilisierungsprozess in der Bevölkerung, bei Ärzten und Tierärzten intensiv begleiten, um das Problembewusstsein in den unterschiedlichen Bereichen weiter zu schärfen.

 

Kritik von Minister Habeck

Der schleswig-holsteinische Landwirtschaftsminister Robert Habeck bewertete die DART 2020 in der ARD als halbherzig in Bezug auf das Gesamtproblem. Die Strategie sei, was die Landwirtschaft und deren Mitteleinsatz angehe, unzureichend, sagte der Minister. Er bemängelte vor allem, dass die Antibiotika-Dokumentation nur für Mastbetriebe gelte und dort auch nur für die relativ großen Betriebe.

 

Wir müssen das System grundsätzlich hinterfragen

Der Agrarminister sieht einen systemischen Fehler bei den derzeitigen Haltungsbedingungen. In geschlossenen Systemen seien die Tiere anfälliger für Krankheiten. Es fängt bei dem Stress der Tiere an und endet bei den Belegdichten äußerte er sich. Habeck hält es für gerechtfertigt, dem Umgang mit Antibiotika in der Humanmedizin dreimal weniger Aufmerksamkeit widmen zu können als den Belegdichten in der Landwirtschaft.

Die ISN meint:

Die von Minister Habeck geäußerte Kritik in Bezug auf die staatliche Antibiotikadatenbank ist teilweise tatsächlich berechtigt. Auch die ISN lehnt die Kleinerzeugerregelung ab, die kleine Betriebe von der Meldepflicht ausnimmt. Sie ist in unseren Augen unverantwortlich: Warum sollte der Antibiotika-Einsatz in kleinen Betrieben anders bewertet werden als in größeren?

Doch in einem wesentlichen Punkt irrt der Minister: Es ist fachlich unumstritten, dass umso weniger Antibiotika eingesetzt (und Antibiotikaresistenzen gezüchtet) werden, je sorgfältiger man mit diesen therapeutisch wertvollen Medikamenten umgeht. Das hat mit dem Einsatzgebiet – Landwirtschaft oder Humanmedizin – rein gar nichts zu tun. Das gilt in allen Fällen!

Was Minister Habeck hier tut: Er streut der Öffentlichkeit Sand in die Augen und suggeriert, ein fehlerhafter oder nicht so streng gehandhabter Gebrauch von Antibiotika in der Humanmedizin sei nicht so schlimm wie in der Landwirtschaft. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, der Tierhaltung eine dreifach höhere Verantwortung und damit einmal mehr den schwarzen Peter zuzuschieben. Eine Frage des Systems ist der Antibiotika-Einsatz schon gar nicht.

Vermissen lässt Minister Habeck, die enormen Anstrengungen der Landwirte im Umgang mit dem neuen Antibiotikaminimierungssystem anzuerkennen. Im Klartext: Die Probleme mit der Datenbank haben nicht die Landwirte verursacht. Die Tierhalter akzeptieren zunehmend ihre Verantwortung und wichtige Rolle im Umgang mit Antibiotika.

Eine verstärkte Informationsvermittlung der Bevölkerung sowie von Tierärzten und anderen Angehörigen von Gesundheitsberufen ist ebenso essenziell. Denn diese leisten einen entscheidenden Beitrag zur Eindämmung der resistenten Krankheitserreger.

Grundsätzlich begrüßt die ISN die Deutsche Antibiotika-Resistenz-Strategie der Bundesregierung. Nun gilt es, die auf mehr als 20 Seiten beschriebenen Maßnahmen im Human- und Tierbereich nicht in der Schublade verschwinden zu lassen, sondern mit Leben zu füllen. Vor allem braucht es einen gemeinsamen und länderübergreifenden Ansatz zwischen Human- und Tiermedizin. Denn es handelt sich längst um ein globales Problem.

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