18.03.2015rss_feed

2. Nährstoffbericht Niedersachsen: Stimmungsmache von Minister Meyer

Gülle Fahren Schleppschläuche

Gestern hat Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer den Nährstoffbericht der Landesregierung vorgetragen. Es hagelt Kritik von Seiten der Fachleute.

 

Dem Nährstoffbericht 2014 zufolge sind im Vergleich zu 2013 2,6 Mio. Tonnen mehr Dung und Gärreste angefallen als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, das seien 4,5 Prozent mehr Nährstoffe als zuvor. Wesentliche Ursache sind laut Bericht die Ausweitung von Rinder- und Geflügelhaltung sowie Biogas. Minister Meyer bezeichnet diese Entwicklung als besorgniserregend und moniert, dass freiwillige Appelle nicht mehr fruchten und dass die Datentransparenz zur Überwachung sowie das Ordnungsrecht verschärft werden muss.

Der Minister fordert alle beteiligten Akteuere aus Politik, Landwirtschaft und Behörden auf, an einem Strang zu ziehen und den vermeintlichen Gülle-See trocken zu legen. Hier wird reine Polemik und fachlicher Unsinn vom Minister verbreitet, urteilt die ISN.

 

Fachleute schütteln den Kopf

Wer sich den Nährstoffbericht aus fachlicher Sicht anschaut, stößt auf etliche Ungereimtheiten:

  • Die Erfassungsmethodik hat sich geändert: Kofermentanlagen wurden erstmals berücksichtigt, in der Hähnchenmast und Legehennenhaltung wurden andere Produktionsverfahren zugrunde gelegt. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die die Erhebung erstellt hat, hat explizit darauf hingewiesen, dass diese Änderungen bei der Bewertung der Ergebnisse zu berücksichtigen sind. Das passt dem Minister aber offenbar nicht ins Konzept und fällt unter den Tisch. Fortschritte im Nährstoffmanagement werden dadurch nicht sichtbar.
  • Die zugrunde gelegten Tierzahlen basieren auf den maximal möglichen Beständen laut Tierseuchenkasse, nicht auf realen Tierzahlen. Leerstandzeiten sind nicht berücksichtigt.
  • Die Bewertung des Ministers unterschlägt außerdem, dass fast alle Landwirte ausgerechnet in den viehstarken Kreisen nährstoffreduziertes Futter (sogenanntes RAM-Futter) einsetzen, das nachweislich zur Nährstoffminderung beiträgt.
  • Der Minister behauptet, dass Gülle und Gärreste für höhere Nitratwerte verantwortlich sind. Gleichzeitig zeigt der Nährstoffbericht stabile Tierzahlen und steigende Ausfuhren von Wirtschaftsdünger in die Bedarfsregionen. Da kann etwas nicht stimmen.
  • Mineralische Düngung liefert fast die Hälfte mehr pflanzenverfügbaren Stickstoff als Gülle; welchen Anteil sie an den Nitratwerten hat, wird nicht erwähnt.

Die ISN meint

Ganz abgesehen von diesen fachlichen Schnitzern ist die ministeriale Pressemitteilung in weiten Teilen einfach nur polemisch: Wer plakativ von einem Gülle-See spricht, den es nicht gibt, schürt lediglich Ängste. Lagerstätten für Gülle und Gärreste werden in den Viehregionen ordnungsgemäß vorgehalten, während sie in Ackerbauregionen, wo sie auch sinnvoll wären, vielfach nicht genehmigt werden.

 

Mit der Forderung nach (noch) mehr Ordnungsrecht und mehr Überwachung redet Meyer dem Überwachungsstaat das Wort. Den will das niedersächsische Sozialministerium aber nicht: Es hat laut Medienberichten den geplanten Runderlass mit Abgleich der Daten zur Gülle-Kontrolle aus datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt.

 

Die Rhetorik des Ministers passt zur Stellungnahme des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), der merkwürdigerweise schon einen Tag vor der Veröffentlichung durch das Ministerium wusste, was im Bericht steht. In der Pressemeldung fordert der BUND gebetsmühlenartig die Abkehr von der Massentierhaltung. Gülle-Tourismus könne langfristig keine Lösung sein. Minister und BUND-Mitglied Christian Meyer lässt dagegen verlauten: Zu wenig Nährstoffe werden in andere Landesteile verbracht. Was denn nun?

Die ISN-Haltung ist klar: Keine Überdüngung

Den Bemühungen der Landwirte traut Christian Meyer nicht. Dabei hat beispielsweise der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes bereits mehrfach klargestellt: Keiner von uns hat das Recht, den Boden zu überdüngen und damit das Grundwasser zu schädigen. Wer nicht ordnungsgemäß mit Gülle oder Gärresten umgeht, dem gehört das Handwerk gelegt.

Deutlicher geht es doch nicht.


Hier lesen Sie die Pressemeldung aus dem niedersächsischen Landwirtschaftsministerium zum Nährstoffbericht

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