23.03.2016rss_feed

Junge ISN auf England-Exkursion: Schweinehaltung auf der Insel

Vorfreude: Auf dem Flug von Düsseldorf nach Birmingham

Vorfreude: Auf dem Flug von Düsseldorf nach Birmingham

Die englischen Schweinehalter stehen vor ähnlichen Herausforderungen wie wir- diesen Schluss zogen die 35 deutschen Jungschweinehalter, die mit Junge ISN-Referentin Jana Püttker in der vergangenen Woche Mittelengland und London erkundet haben.

Sinkender Schweinefleischkonsum, starke Flächenkonkurrenz und sehr aktive Tierrechtsorganisationen machen den Schweinehaltern auf der Insel zu schaffen.

 

Rund um die Jahrtausendwende erlebten die britischen Schweinehalter ihr Waterloo. Auf eine extreme Niedrigpreisphase und eine massive Verschärfung der Auflagen (1998/99) folgten im Jahrestakt Seuchenausbrüche - Klassische Schweinepest im Jahr 2000 sowie Maul- und Klauenseuche im Jahr 2001.

Die Zahl der Schweinebetriebe halbierte sich in dieser Zeit und ist seitdem weitgehend stabil. Gut 4,7 Millionen Schweine werden in rund 11.000 Betrieben gehalten. Der Selbstversorgungsgrad liegt bei etwa 60%.


Martin Barker (li.), Geschäftsführer der Midland Pig Producers, erklärt das Haltungssystem im Wartestall

Martin Barker (li.), Geschäftsführer der Midland Pig Producers, erklärt das Haltungssystem im Wartestall

Aktive Tierrechtler

Trotzdem kämpfen die verbliebenen Schweinehalter ums Überleben. Die europäische Preiskrise trifft sie ebenso hart. Mit Hilfe des RSPCA Assured-Labels, das über die gesetzlichen Standards hinaus geht, vermarkten sie britisches Fleisch mit der Tierwohl-Story und versuchen mehr für ihr Fleisch zu erlösen.

Etwa 30% der Sauen werden ganzjährig im Freiland gehalten und in den konventionellen Ställen wird viel Stroh eingesetzt.

Doch davon lassen sich Tierrechtsorganisationen wie Animal Aid oder Peta wenig beeindrucken.

In den vergangenen Wochen sind wir sehr stark in den Fokus der Tierrechtler geraten. Sie veröffentlichen - zum Teil manipulierte Bilder - aus den Ställen bekannter Schweinebetriebe und setzen die Branche unter Druck. Erst gestern hat Animal Aid neue schockierende Bilder veröffentlicht, berichtet Georgina Crayford von der National Pig Association.

 

Lichtprogramm senkt Ferkelverluste bei freier Abferkelung

Von den tatsächlichen Haltungsbedingungen konnten die JISNler sich eine Bild auf einem Betrieb der Midland Pig Producers (MPP) machen. Das Unternehmen hält an sechs Standorten 3.000 Sauen und mästet die Schweine selbst. Damit gehört es zu den größeren Schweineproduzenten in England.


Freie Abferkelung auf dem Betrieb der Midland Pig Producers

Freie Abferkelung auf dem Betrieb der Midland Pig Producers

Martin Barker, Geschäftsführer der MPP, erklärte seine Betriebsphilosophie: Wir gehen über die gesetzlichen Standards in Bezug auf Tierwohl hinaus, doch nicht aufgrund es Drucks der NGOs, sondern weil wir es selber wollen. Folgerichtig entwickelte er eine freie Abferkelbucht und fährt darin ein spezielles Lichtprogramm mit dem er die Ferkelverluste auf 8% senken konnte. Grünes Licht lockt die neugeborenen Ferkel ins Ferkelnest und schützt sie so vor dem Erdrücken. Rotes Licht vergrault sie und die Erdrückungsverluste stiegen in Versuchen.

Die Schweine auf dem besichtigten Betrieb haben Zugang zu Stroh, entweder als Einstreu auf den (Spalten-)Böden oder in Tiefstrohställen. Trotz der hohen Standards bekommen auch die MPP Gegenwind von Bürgerinitiativen und Tierschutz/rechts-Organisationen.


Viehauktion in Shrewsbury: Über 3.000 Schlachtlämmer wurden an diesem Tag versteigert

Viehauktion in Shrewsbury: Über 3.000 Schlachtlämmer wurden an diesem Tag versteigert

Auf den Spuren der Peaky Blinders

Weiter im Programm war der Besuch einer Osterlammauktion und eines Ackerbauern mit 1500 ha, der zudem ein Gästehaus für eine Privatschule betreibt. Auch den kulturellen Bildungsauftrag verloren die Exkursionsteilnehmer nicht aus den Augen: Professor Carl Chinn nahm sie mit auf eine spannende Tour durch Digbeth, ein Stadtteil Birminghams mit einer bewegten Geschichte. Er vermittelte das Gefühl, wie in den 20iger Jahren Bandenkriminalität und Gewalt das Viertel dominierten und erklärte die Entstehung der Gang Peaky Blinders. Diese wechselvolle Geschichte greift auch eine in Großbritannien sehr bekannte TV-Serie auf.


"Nose-to-Tail" - Knochenmark und Lammzunge mit Bohnen als Vorspeise

"Nose-to-Tail" - Knochenmark und Lammzunge mit Bohnen als Vorspeise

Ein Schweinemenü von der Nase bis zum Schwanz

Entgegen den Erwartungen hatte die Tour auch kulinarisch Tour einiges zu bieten:

Die Jungen ISNler probierten typische englische Gerichte wie Steak and Ale Pie oder Fish and Chips. Ein Highlight war sicherlich das Nose-to-Tail-Menü im St. Johns Restaurant in London. Knochenmark und Lammzunge gab es für die Gruppe zur Vorspeise und ein komplettes Schwein mit Kopf und Pfoten als Hauptgang. Das hätte ich sonst nie probiert, waren sich die Exkursionsteilnehmer am Ende einig.

Bauernhof mitten in London

Auch die Idee von einem Bauernhof mitten in London faszinierte. Guide Katherine erzählte, dass bis zu 8000 Schul- und Kindergartenkinder die Stepney Farm jährlich besuchen. In London gibt es Dutzende solcher Farmen. Finanziert werden Sie durch öffentliche Träger, private Spender oder auch durch Bankerseminare. Einen Tag arbeiten auf dem Bauernhof als Team Building-Maßnahme für Londons Banker die dafür ordentlich bezahlen.


Viele weitere Eindrücke von der Junge ISN-Exkursion nach England finden Sie in dieser Bildergalerie...

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