04.12.2015rss_feed

Expertennetzwerk koordiniert Beratung zu Schwanzbeißen und Kupierverzicht in Niedersachsen

Prof. Thomas Blaha, Minster Christian Meyer und Heinrich Dierkes stellen sich der Presse.

Prof. Thomas Blaha, Minster Christian Meyer und Heinrich Dierkes stellen sich der Presse.

Was zunächst wie eine einfache Projektbewilligung aussieht, entpuppt sich beim genauen Hinschauen als Meilenstein. In Niedersachsen wurde heute ein Expertennetzwerk unter der Federführung der ISN und unterstützt vom Landwirtschaftsministerium in Hannover ins Leben gerufen. In dieser Breite erstmalig werden nun Erfahrungen und Ergebnisse zum Schwanzbeißen und Kupierverzicht ausgetauscht und strukturiert zusammengetragen. Das Netzwerk bringt alle an der Tierwohlförderung in Niederachsen beteiligten Landwirte, Berater, Tierärzte usw. zusammen, um die Herkulesaufgabe anzugehen, praktikable Lösungen gegen das Schwanzbeißen zu finden und in die Breite zu tragen.

Vorausgegangen waren viele heftige Auseinandersetzungen um das Thema Ringelschwanz zwischen der ISN und Landwirtschafts­minister Christian Meyer. Im Juni haben sich dann ISN, Minister Meyer und das Agrar- und Ernährungsforum Oldenburger Münsterland in einen Eckpunktepapier auf die Voraussetzungen für eine effektive Tierwohlförderung verständigt. Der Aufbau eines Exertennetzwerks war eine der Voraussetzungen, die nun zur Umsetzung kommt. Die Unterzeichner des Eckpunktepapieres sind sich inzwischen einig, dass die Umsetzung des Kupierverzichts nur Schritt für Schritt und nicht von heute auf morgen zu einem fixen Datum erfolgen kann.

 

Transparenz und Erkenntnisgewinn für alle

Das Expertennetzwerk Tierschutz und Tiergesundheit wird unter der federführend der ISN organisiert und koordiniert. Ein durch Wissenschaftler geprägtes Gremium mit Professor Thomas Blaha, dem Vorsitzenden der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT), an der Spitze wird zukünftig die Beratung zum Kupierverzicht in Niedersachsen unterstützen und die Erfahrungen bewerten. Im Netzwerk tauschen sich alle wichtigen Akteure der Tierhaltung aus – Landwirte, Tierärzte und Berater. Das Pilotprojekt wird mit insgesamt ca. 320.000 Euro über einen Zeitraum von drei Jahren vom Ministerium gefördert.

 

Mit dem Expertennetzwerk wollen wir weiter vorankommen bei der Suche nach Lösungen gegen das Schwanzbeißen. Bisher gibt es noch keine Patentlösung, ein sofortiger Kupierverzicht hätte katastrophale Folgen, erklärt der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes. Es gehe vor allem darum, einzelbetriebliche Erfahrung koordiniert zu sammeln und auszuwerten, so dass alle Schweinehalter von den Erkenntnissen profitieren – über alle Haltungskonzepte hinweg, egal ob Bio, Neuland oder konventionell. Dazu muss auch volle Transparenz bei der Umsetzung der Ringelschwanzprämie herrschen. Die Prämie ist eine freiwillige Maßnahme, die nur für eine kleine Zahl von Betrieben reicht. Wir wollen, dass diese Informationen nicht verloren gehen.

 

Unterstützung für Berater und Landwirte

108 Betriebe mit insgesamt 112.000 Mastschweinen haben sich für die sogenannten Ringelschwanzprämie angemeldet, die nun im Dezember gestartet ist. Bei einer Quote von mindestens 70% intakten Schwänzen erhalten die Teilnehmer eine Förderung von 16,50 Euro pro verkauftem Mastschwein.

Da es keine Patentrezepte gibt und jeder Tierbestand ganz eigene Risikofaktoren für das Auftreten des Schwanzbeißens hat, müssen je Betrieb ganz unterschiedliche Maßnahmen greifen, verdeutlicht Prof. Thomas Blaha. Das Expertennetzwerk wird den Austausch unter den Akteuren fördern, die Erkenntnisse wissenschaftlich bewerten und mit nationalen und internationalen Studien vergleichen. So entwickelt sich das System stetig selbst weiter.

 


Bisher noch keine klaren Lösungen zum Kupierverzicht

Die Einrichtung dieses Expertennetzwerks haben wir mit Meyer bereits in unserem Eckpunktepapier zur effektiven Tierwohlförderung vereinbart. Wir waren klar gegen die Ringelschwanzprämie und haben auch heute noch erheblich Bauchschmerzen – zu viel steht für die Tiere und vor allem für die Schweinehalter, und hier speziell die Ferkelerzeuger, auf dem Spiel, erläutert Heinrich Dierkes. Zu Beginn der Gespräche zwischen der ISN und Minister Meyer war noch von einem Ausstieg aus dem Schwanzkupieren bis 2016 die Rede. Das dieses Ziel nicht per Ordnungsverfahren in Sinne des Tierwohls erreicht werden kann, ist mittlerweile allen Beteiligten klar.

 

Letztlich haben wir mit dem Eckpunktepapier einen guten Kompromiss gefunden, wie es in der Fragestellung mit der nötigen Um- und Vorsicht weitergehen kann. Bisher haben wir keine klaren Lösungen, aber wir wollen Lösungen finden! Minister Meyer ist bei den Vorgaben für eine Ringelschwanzprämie auf unsere Bedenken eingegangen und hat diese entsprechend aufgenommen. Das erkennen wir ausdrücklich an, zieht Heinrich Dierkes seine Zwischenbilanz und führt weiter aus: Eine staatliche Förderung kann aber nur als Impuls funktionieren. Langfristiges Ziel muss es vielmehr sein, dass der höhere Aufwand der Landwirte durch den Markt ausgeglichen wird, sonst wandert die Tierhaltung in Länder mit niedrigeren Standards ab.


ISN und Landwirtschaftsminister Meyer unterzeichnen gemeinsames Eckpunktepapier

Mensch Meyer...

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